Warum Sie nicht bei Haema Blut spenden sollten – Diskriminierung von Blinden und Sehbehinderten

Rote BlutkörperchenUnser Fazit vorneweg: Wenn Sie etwas gegen Diskriminierung Behinderter haben, sollten Sie nicht bei Haema Blut spenden oder Plasma abgeben. Das Unternehmen diskriminiert offen Behinderte bei der Blutspende.
Haema ist ein privates Unternehmen, welches an mehreren Standorten Zentren zur Blutspende unterhält. Neulich habe ich von einer blinden Freundin aus Bonn erfahren, dass sie bei der Blutspende aufgrund ihrer Blindheit abgelehnt wurde. Da wollte ich einmal nachfragen.
Also einmal in der Bonner Niederlassung angerufen und es mir bestätigen lassen. Blinde, besser gesagt Personen, welche den Eingangs-Fragebogen nicht selbst ausfüllen können werden generell abgewiesen. Das heißt, wenn ich das richtig sehe, dass auch Personen mit geringen Lese-Fähigkeiten, Deutsch-Kenntnissen oder einem zu geringen Sehvermögen abgelehnt werden. Sie alle können den Fragebogen nicht selbständig bearbeiten.
Die Unterstützung durch eine dritte Person ist nicht gestattet, da es sich teils um intime Fragen handle. Die Mitarbeitenden von Haema können ebenfalls nicht helfen, weil ihnen das zu viel Aufwand ist, so die sinngemäße Aussage des Mitarbeiters, mit dem ich gesprochen habe.
Haema schreibt dazu auf ihrer Seite:

Menschen mit einer starken Sehbeeinträchtigung dürfen zumeist kein Blut spenden. Es geht hierbei keinesfalls darum, auszuschließen oder zu diskriminieren… Im Vorfeld einer jeden Blutspende gibt es Fragebögen und viel Administratives auszufüllen. Da wir diese Unterlagen nicht in Blindenschrift vorliegen haben, gäbe es keine Möglichkeit für die betreffende Person, alles korrekt lesen und ankreuzen zu können. Quelle

Ach so, sie wollen gar nicht diskriminieren, dann ist ja alles gut. Die Anmerkungen zur Blindenschrift zeigen, dass man sich mit dem Thema Blindheit nicht beschäftigt hat oder beschäftigen möchte. Ein kleiner Ausflug ins 21. Jahrhundert würde der Einrichtung nicht schaden.
Mit den Diskriminierungen ist das so eine Sache. Es gibt erlaubte und nicht-erlaubte Diskriminierungen. An dieser Stelle der Hinweis, dass ich mich nur oberflächlich mit dem Thema auskenne und die Infos auf meinem Laien-Wissen zum Allgemeinen Gleichbehandlungs-Gesetz basieren.
Generell gibt es immer die Möglichkeit, einzelne Personen abzuweisen. Wenn eine blinde Person sich zum Beispiel daneben benommen oder einen der Mitarbeitenden beleidigt hat, kann diese Person als Kunde abgelehnt werden. Eine Diskriminierung wäre es, wenn ich aufgrund dieses Verhaltens alle blinden Personen nicht bedienen würde.
Bei sogenannten Massen-Geschäften, also Dienstleistungen, die für zahlreiche unterschiedliche Personen erbracht werden, sind unbegründete Diskriminierungen von bestimmten Gruppen generell verboten. Die Blutspende dürfte so ein Massen-Geschäft sein. Also liegt hier eine Diskriminierung durch Haema vor. Bleibt die Frage, ob die Diskriminierung begründet ist.
Generell ist es so, dass bestimmte Gruppen von der Blutspende auch gesetzlich ausgeschlossen sind. Das sind Personen, die zu jung oder zu alt sind, die bestimmte Medikamente einnehmen, eine ansteckende Krankheit haben und so weiter. Das ist sachlich begründet, weil etwa gesundheitliche Aspekte vorliegen, die den Spendenden oder den Empfangenden gefährden könnten.
Es gibt Blinde, die aus solchen Gründen nicht spenden dürfen, aber das trifft nicht auf alle Blinden zu und ist ja auch nicht die Begründung von Haema.
Die von Haema angeführten Gründe können mich allerdings nicht überzeugen. Es gibt ein paar Fragen zum Thema Drogen-Missbrauch oder sexuelle Aktivitäten, wir sind aber nicht mehr in den 50ern, wo man über so etwas nicht sprechen konnte. Doch tun wir einmal so, als ob dem so wäre und der Ausschluss einer Assistenz legitim wäre.
Dann gäbe es zumindest die Möglichkeit, dass ein Mitarbeitender von Haema die Unterstützung übernimmt. „Keine Zeit“ ist mit Sicherheit kein legitimer Ausschluss-Grund. Mit diesem Argument könnte man Blinde von praktisch allem ausschließen – vom Einkauf im Supermarkt bis zur Behandlung bei einer Ärzt:In. Grob geschätzt dauert es maximal fünf Minuten, so einen Fragebogen gemeinsam auszufüllen. Die Einrichtung verdient ihr Geld damit, dass sie das Blut bzw. dessen Bestandteile verkauft. Es dürften schon ein paar hundert Euro pro Spender:In zusammenkommen, ansonsten würde sich ein Privat-Unternehmen nicht so stark in diesem Bereich einbringen.
Nach meiner Einschätzung handelt es sich also um eine nicht-erlaubte Diskriminierung von Blinden durch Haema. In einer Zeit, in der Blutspenden noch knapper sind als ohnehin schon ist das nicht nachvollziehbar.
Hinzu kommt, dass Haema hier tatsächlich die Ausnahme ist. Ich habe in meiner Studentenzeit jahrelang beim Klinikum Marburg Plasma und Blut gespendet und nie ein Problem gehabt. Auch das DRK sagt explizit, dass Spenden durch behinderte Menschen willkommen sind. Warum also Haema? Zum Einen geht es um Grundsätzliches. Wenn ein Privat-Unternehmen Blinde diskriminiert, wird ein Anderes ebenso argumentieren. Speziell für Bonn gilt, dass Haema den besten Standort direkt am Hauptbahnhof hat. Das DRK hat in unserem Stadtteil keinen Standort und das Gelände der Uni-Klinikum entspricht einem kleinen Dorf, da irgendwas zu finden ist schwierig.
Persönlich würde ich nicht bei Haema spenden. Ich fand es immer unangemessen, den medizinischen Bereich durchzu-kapitalisieren. Durch das Verhalten gegenüber Blinden ist meine negative Meinung dazu noch mal unterstrichen worden.
Richtig, es gibt kein Recht auf Blutspende. Es ist auch sinnvoll, einzelne Personen ohne Begründung ablehnen zu können. Niemand möchte das Blut von jemandem haben, der eventuell eine Infektion hat und diese verschweigt, um an die Aufwandsentschädigung zu kommen. Das heißt aber nicht, dass ich pauschal eine Gruppe von Menschen ablehnen kann, ohne dass es dafür eine medizinische oder gesetzliche Begründung gibt. Es ist Diskriinierung, ebenso wie der pauschale Ausschluss von Homosexuellen eine Diskriminierung ist.
Haema hat generell eine fragwürdige Policy bei der Aussortierung von Menschen. Es gibt also keinen Grund, bei dieser Einrichtung zu spenden. Wer etwas für Gleichberechtigung übrig hat, sollte beim DRK, dem Klinikum oder einer anderen Stelle spenden.
[newsletter2go]