Bei mir verstärkt sich in letzter Zeit der Eindruck, dass behinderte Menschen in der Diskussion um Diversity in Organisationen bestenfalls am Rande oder gar nicht vorkommen. Ich denke, dass hier zu kurz gedacht wird und möchte das in diesem Beitrag näher ausführen.
Wenn ich mir die Diskussionen so anschaue, die auf Twitter oder in einschlägigen XING-Gruppen so stattfinden, ist Diversity ein Thema, bei dem es vor allem um die Gleichberechtigung von Frauen geht. In der zweiten Reihe stehen dann Gruppen wie ältere Menschen, Migranten und Menschen mit anderen sexuellen Orientierungen. Behinderte Menschen kommen in diesen Diskussionen überhaupt nicht vor.
Nun kann es nicht darum gehen, eine benachteiligte Gruppe gegen die andere auszuspielen. Was zum Beispiel die Gleichberechtigung von Frauen angeht, ist Deutschland vergleichsweise weit zurück, vergleicht man die Situation etwa mit Skandinavien: Lohn-Ungleichheit, Diskriminierung bei Beförderung, Benachteiligung von Müttern – wir können solche Probleme endlos aneinanderreihen. Bei der Gleichberechtigung der Frauen wie der anderen Gruppen muss wesentlich mehr passieren als bisher, das Tempo des Fortschritts ist zu langsam.
Aber immerhin diskutieren wir darüber. Währenddessen macht die Diversity-Policy in Sachen Behinderung kaum Fortschritte. Die Zahl der Aktionspläne zur Inklusion sind überschaubar. Gibt es überhaupt eine Organisation in Deutschland, die sich mit Disability Mainstreaming beschäftigt? Wann hat das letzte Mal eine große Körperschaft oder Organisation einen Aktionsplan verabschiedet?
Das ist relevant, weil die Inklusion von behinderten Menschen leider komplexe und langwierige Maßnahmen erfordert. Initiere ich jetzt Maßnahmen wie die barrierefreie Umgestaltung meines Gebäudes, werden diese vielleicht in einigen Jahren umgesetzt. Gleiches gilt für die digitale Infrastruktur, eine IT-Landschaft wird eher in Jahrzehnten als in Jahren barrierefrei.
Wie immer gibt es hier löbliche Ausnahmen: Dazu gehören Boehringer Ingleheim oder die Commerzbank. Aber Ausnahmen sind Ausnahmen. Im öffentlichen Dienst wäre mir auf Anhieb kein positives Beispiel bekannt, außer den Einrichtungen, die ohnehin ihren Tätigkeitsschwerpunkt auf Behinderung haben und selbst die haben noch Luft nach oben.
Das Problem trifft vor allem Menschen, die von Geburt an behindert sind. Allerdings habe ich den Eindruck, dass die Organisationen auch nicht darauf vorbereitet sind, dass ihre Belegschaft immer älter wird und bald viele altgediente Mitarbeiter:Innen mit Behinderungen zu kämpfen haben werden. Ich sehe das daran, wie schwer sich Deutschland mit der barrierefreien Umgestaltung der IT, der Gebäude oder des öffentlichen Personenverkehrs tut.
Archiv der Kategorie: Blinde & Sehbehinderte
Wie sieht der Alltag für Blinde und Sehbehinderte aus?
Die neue Normalität – Blinde und der Corona-Virus Teil II
Vor ziemlich genau einem Monat schrieb ich den ersten Beitrag zum Corona-Virus und wie er sich auf Blinde auswirkt. Inzwischen ist klar, dass der Virus uns wahrscheinlich ein Jahr, vielleicht noch länger beschäftigen wird. Und damit auch die damit verbundenen Einschränkungen.
Physische Distanz – Fragen ohne Antworten
Die Normalität, wie wir sie kannten wird erst einmal nicht zurückkehren. Wir haben uns an Abstände in den Supermärkten, in den Öffis und auf der Straße mehr oder weniger gewöhnt, an Wachleute vor Supermärkten, an Schlangen vor Banken, an Menschen mit Gesichtsschutz. Doch solange die Kontaktsperre aufrecht erhalten blieb, waren die Erschwernisse nicht so schwerwiegend. Was aber passiert, wenn wir zur neuen Normalität kommen?
Wenn wir zum Beispiel mit dem Zug oder mit dem Flugzeug (wenn das mal erlaubt sein wird) fliegen wollen, benötigen wir Assistenz. Wir brauchen Menschen, die uns zum Gate, ins Flugzeug, an den richtigen Platz bringen, uns durch Bahnhöfe begleiten und so weiter. Wie das mit physischer Distanz funktionieren soll, kann ich mir nicht vorstellen.
Wie viele Passanten werden wohl stehen bleiben, wenn wir sie jetzt nach dem Weg fragen? Wie sollen wir uns Hilfe etwa an Hotel-Buffets holen? Wer wird uns vor Hindernissen warnen, wenn jeder nur noch darauf achtet, möglichst viel Abstand zu haben?
Abstand halten ist in einer fast leeren Bahn kein Problem. Zur Not setzt man sich als Blinder auf den erst besten freien Platz und verscheucht damit den Sitznachbarn, der bessere Chancen hat, die Distanz zu halten. Aber wie das in den so oder so überfüllten Bahnen und Bussen funktionieren soll, wenn die Mehrheit wieder ins Büro oder in die Schule geht, das ist vollkommen unklar.
Das Ende der Hilfsbereitschaft?
In der Umstellungszeit und zu Ostern haben sich viele lokale Hilfsgruppen gebildet, die ältere und behinderte Menschen unterstützt haben. Ich will das nicht kleinreden, aber es war noch relativ einfach, als man sowieso nicht ins Büro konnte. Was aber passiert, wenn die Mehrheit wieder ins Büro muss oder aus dem Home Office arbeitet? So oder so ist diese eher informell organisierte Hilfe von einem stetigen Zustrom Freiwilliger abhängig, der wahrscheinlich irgendwann abreißen wird.
Aber die Beschränkungen bleiben gerade für gefährdete Personen bestehen. Sie sind sogar noch stärker gezwungen, sich zu schützen. Wenn nämlich die Kontaktsperren verringert oder aufgehoben werden, die Kinder wieder in Kita und Schule und die Erwachsenen ins Büro und auf Partys gehen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass diese sich mit Corona anstecken und diejenigen anstecken, denen sie helfen wollen. Je mehr die Zeit voran schreitet, desto weniger werden sich die nicht unmittelbar Betroffenen an die Kontaktsperren halten – es sei denn, die Strafen dafür werden drastisch erhöht. Ich bin zwar mit viel Fantasie gesegnet, aber eine 1,5-m-Distanz-Party mit Desinfektionsspendern kann ich mir nicht vorstellen.
Viele Fragen, keine Antworten
Wie oben angedeutet, habe ich auf diese Fragen keine Antworten. Ich musste sie einmal aufschreiben, da sie mir im Kopf herumgeschwirrt ist.
Vermutlich werden viele Einschränkungen bis nach den Sommerferien aufrecht erhalten. Im September könnte die neue Normalität mit voller Wucht einsetzen.
Ich hoffe, dass wir bis dahin ein paar Antworten gefunden haben werden.
Blinde und der Corona-Virus
Da ich in letzter Zeit öfter nach dem Einfluss des Corona-Virus auf Blinde gefragt wurde – und dank einem halben Dutzend abgesagter Workshops viel Zeit habe – möchte ich diese Frage gerne ausführlich beantworten. Informationen zum Corona-Virus, COVID19 und Barrierefreiheit.
Ein kleines Update: Seitdem ich diesen Beitrag geschrieben habe, hat sich die Situation fast stündlich zugespitzt: Ich möchte euch bitten, wenn ihr die Möglichkeit habt und Blinde kennt, ihnen Hilfe anzubieten: Beim Einkaufen, bei Besorgungen oder auch im Haushalt. Niemand erwartet von euch, dass ihr eure Gesundheit riskiert, tut einfach das, was euch möglich ist.
Unter den behinderten Menschen gehören Blinde nicht zu den besonders stark gefährdeten Gruppen. Besonders stark gefährdet sind Menschen mit Lungen-Erkrankungen, mit generell geschwächtem Immunsystem sowie Leute, die auf Assistenz angewiesen sind, die also soziale Kontakte nicht vermeiden können.
Besonders stark gefährdet sind außerdem Gehörlose und Menschen, die auf Leichte Sprache angewiesen sind. Hier gibt es ein Informations-Defizit, so dass diese Personengruppen bislang schlecht mit Informationen versorgt wurden.
Für Blinde gibt es hingegen kein Informationsdefizit. Wir haben Zugang zum Internet, zum Fernsehen, zum Radio und natürlich gibt es moderne Kommunikationskanäle wie WhatsApp und Co, wo wir uns austauschen können.
Erhöhtes Infektionsrisiko
Generell ist das Infektionsrisiko für Krankheiten bei Blinden erhöht, wenn diese Krankheiten durch Schmierinfektion übertragen werden. Allerdings spielt die Schmierinfektion beim Corona-Virus keine so große Rolle.
In der Regel haben wir keinen PKW, sind also zu Fuß und per ÖPNV unterwegs und müssen Ampel-Knöpfe, Haltestangen und alles andere anfassen, was viele andere Menschen angefasst haben. So weit, so normal.
Allerdings müssen wir deutlich mehr anfassen als Sehende: Dazu gehören die Sitze im ÖPNV, die Produkte im Supermarkt – anders als durch Betasten können wir sie nicht unterscheiden – und so weiter. Ich zum Beispiel fasse bei normalen Türen als zusätzliche Orientierung immer den Türrahmen an, um mir nicht noch mehr blaue Flecken an Armen und Schultern zu holen. Durch meine Augenerkrankung tränen meine Augen permanent, so dass ich mir natürlich ins Gesicht fassen muss.
Wahrscheinlich gibt es noch unzählige andere Sachen, die wir anfasse, ohne es aktiv zu bemerken. Das heißt aber auch, dass wir nicht nur unser eigenes Infektionsrisiko erhöhen, sondern auch das Infektionsrisiko für Andere, wenn wir selber krank sind.
Wie uns die Maßnahmen treffen
Tatsächlich sind es einige Maßnahmen, die mit dem Corona-Virus eingeführt wurden, die uns treffen.
Social Distanzing ist leicht gesagt, wenn man nicht auf verbale Kommunikation angewiesen ist. Wenn jemand mich aus zwei Metern Entfernung anspricht, bekomme ich das aufgrund meiner Höreinschränkung gar nicht mit. Manchmal fällt mir erst hinterher auf, dass ein Rufer mich gemeint haben könnte: Wenn man auf jeden Ruf reagieren würde, der in der Umgebung erfolgt, würde man nie irgendwo ankommen.
Ich habe meine Draußen-Aktivitäten auf das Nötigste beschränkt. Vor dem Virus habe ich keine Angst. Allerdings ist es enorm schwierig, Distanz zu halten, wenn man nichts sieht. Für einen Blinden können alle Aktivitäten kompliziert sein, aber Fragebögen auszufüllen, sich die Hände zu desinizieren, Abstand zu anderen Leuten zu halten – das verlangt uns so viel ab, dass wir es lieber lassen.
Eine weitere Herausforderung kommt hinzu: Mittlerweile gibt es Warteschlangen vor Apotheken und Supermärkten. Es sind physische Barrieren etwa aus Einkaufswagen aufgebaut worden, durch die man sich durchlavieren muss. Beides ist für Blinde eine zusätzliche Herausforderung.
Warum Blinde nicht krank werden möchten
Als blinde Person möchte man noch weniger gerne krank werden als Andere. Wenn man schon eine Behinderung hat, möchte man andere Komplikationen vermeiden. Dieses Jahr hat mich seit Jahren das erste Mal eine heftige Grippe erwischt, so dass ich tatsächlich freiwillig zuhause geblieben bin. Da ich viel zu Fuß gehe, war ich durch die Verschleimung der Lunge stark eingeschränkt und schon nach 15 Minuten total erschöpft, in gesunden Zeiten kann ich problemlos 2-3 Stunden am Stück gehen. Wenn die Nase eingeschränkt ist, funktioniert der Geruchsinn gar nicht mehr, wodurch eine sekundäre Orientierungshilfe verloren geht.
Und natürlich besteht immer die Gefahr einer Mittelohr-Entzündung. Eine schwere Erkrankung erhöht immer die Gefahr von weiteren Infektionen, die dann schlimmer als die erste Krankheit ausfallen können. Ohne Gehör, das kann man uneingeschränkt sagen, sind selbst die Blinden mit Sehrest praktisch aufgeschmissen.
Corona erschwert für uns auch die Kommunikation in Arztpraxen und Krankenhäusern. Wer keine Schutzkleidung trägt, kann sich zur Not noch ein wenig mit nonverbaler Kommunikation behelfen, bei Blinden funktionieren aber Gesten überhaupt nicht.
Einige Blinde dürfte besonders treffen, dass die Lieferdienste für Lebensmittel mittlerweile eine lange Wartezeit haben. Bei einigen Rewes sollen es mittlerweile 14 Tage statt 2-3 Tage sein. Viele Blinde nutzen den Lieferservice, da das Einkaufen in Supermärkten für uns generell schwierig ist. Ich hoffe natürlich, dass die Betroffenen auf anderem Wege Hilfe gefunden haben.
Soziale Isolation
Viele – nicht alle – Blinden sind wie viele andere behinderte Menschen auch aufgrund ihrer persönlichen Situation, wegen mangelnder Unterstützung oder Barrierefreiheit sozial isoliert. Mit ein wenig Galgen-Humor könnte man sagen, sie müssten erst soziale Kontakte aufbauen, damit sie ihre sozialen Kontakte einschränken könnten.
Das heißt aber auch, dass es an einem Netz von sozialen Unterstützungen fehlt. Eltern, Verwandte, Partner, Geschwister – sie alle können uns helfen, wenn wir in Quarantäne sind. Sie können für uns einkaufen, uns zum Arzt begleiten, uns Medikamente besorgen und so weiter. Wer das nicht hat, ist vollständig von staatlichen oder sozialen Hilfen etwa von den Wohlfahrtsverbänden abhängig. Auch für diese Menschen hoffe ich, dass sie die Hilfe bekommen, die sie brauchen. Über die psychischen Folgen einer sozialen Isolation brauchen wir denke ich nicht zu sprechen.
Blinde und das Home Office
Natürlich sind auch viele Blinde berufstätig. Als Internet-Redakteur könnte ich meine Arbeit auch auf einer einsamen Insel in der Karibik machen – wenn die Insel Internet hat.
Andererseits rächt es sich heute einmal mehr, dass viele der virtuellen Konferenz-Lösungen pseudo-barrierefrei sind. Es ist leider der übliche Schwachsinn, irgendein Sehender hat irgendein gehyptes Testverfahren durchgeführt und hat gesagt, das Ergebnis sei barrierefrei. In der Praxis funktioniert es dann aber mäßig bis gar nicht.
Manche Dinge sind aber generell schwierig: Es ist relativ schwierig, einer PowerPoint-Präsentation innerhalb so einer Lösung zu folgen. An anderer Stelle habe ich Tools zur barrierefreien Online-Kommunikation gesammelt.
Generell bin ich ein Fan von Home Office: Weniger Gependel, was auch Blinden gut tut und der Umwelt hilft. Wenn das Klima sprechen könnte, würde es „Danke Corona“ sagen. Andererseits darf das nicht dazu führen, dass Blinde in ihrer Arbeitsfähigkeit eingeschränkt werden und das ist leider bei vielen Lösungen aktuell der Fall.
Besonders gefährdete Blinde
Generell ist man als Blinder von dem oben gesagten abgesehen keine besonders gefährdete Gruppe. Allerdings gehören viele Blinde dennoch zu den besonders gefährdeten Gruppen. Ein Teil der Erblindungen wurde durch Diabetes Typ II verursacht, Diabetiker – insbesondere insulin-pflichtige – werden generell zu den gefährdeten Gruppen gezählt.
Außerdem kommt eine Blindheit selten alleine: Häufig liegen andere chronische Erkrankungen vor, die das Risiko erhöhen können. Last not least sind die meisten blinden Menschen Senioren, die ebenfalls zu den besonders gefährdeten Gruppen zählen.
Was sollen wir tun
Leider gibt es für uns keine besonderen und praktikablen Schutzmaßnahmen, wir müssen also das tun, was die Sehenden auch tun und insbesondere unnötige Kontakte und Außentätigkeiten vermeiden. Inzwischen hat der DBSV spezielle Tipps für Blinde zu Corona veröffentlicht.
Vielleicht hat Corona zumindest eine positive Folge: Das wir in Zukunft stärker auf den Schutz vor Infektionskrankheiten achten. Die Grippe etwa wird uns so oder so erhalten bleiben und sie kostet jedes Jahr Tausenden das Leben. Bis heute habe ich nicht darüber nachgedacht, wie viele Menschen wir wohl unabsichtlich infiziert haben, wie viele von ihnen andere infiziert haben und wie viele Menschen wie dadurch indirekt auf dem Gewissen haben.
Mir stellt sich die Frage, warum wir zumindest einen Teil der Schutzmaßnahmen, die heute überall zu finden sind nicht schon vor Jahren ergriffen haben: Das regelmäßige Desinfizieren von Türklinken, Knöpfen in den Bussen, Armaturen in öffentlichen Toiletten, das gründliche Händewaschen und so weiter. Wie es aktuell ist weiß ich nicht, aber bis vor einigen Jahren galten deutsche Kliniken als Schleudern für resistente Keime. Und wir sind unvorsichtig gewesen, was das präventive Impfen angeht. Wir haben das gelassen, weil wir selber kaum krank werden und haben dadurch andere gefährdet, die sich vielleicht nicht impfen dürfen. Vielleicht braucht die Menschheit diesen Arschtritt, den uns Corona verpasst.
Mein Appell an uns alle: Wenn die harten Maßnahmen erst einmal vorbei sind, lasst euch impfen, wascht euch regelmäßig die Hände, bleibt zuhause, wenn ihr krank seid und helft Anderen, denen es nicht so gut geht wie euch.
Verdrängen Sprachausgaben und smarte Lautsprecher die Blindenschrift? – ein launiger Kommentar zum Braille-Tag 2020
Eigentlich wollte ich dieses Jahr nichts mehr zum Braille-Tag schreiben – irgendwie ist alles gesagt, nur noch nicht von mir. Dann stieß ich auf diese etwas merkwürdigen Diskussionen auf Twitter. Demnach verdrängen smarte Lautsprecher und Sprachausgaben Braille. Ich bin noch nicht alt genug, vermute aber, dass diese Diskussionen schon seit den 80ern geführt werden. Also, seitdem die synthetischen Sprachausgaben aufkamen.
Es erinnert mich ein wenig an die Sehenden-Diskussionen um den Verlust der Handschrift. Da werden esoterisch anmutende Thesen darüber angestellt, welche Verbindung zwischen der Bewegung der Hand beim Kritzeln und dem Denken bestehen. Wahrscheinlich denken die gleichen Leute auch, der amerikanische Geheimdienst könnte mit Mobilfunkwellen in ihren Kopf schauen.
Mehr Braille als je zuvor
Richtig ist, dass Braille heute präsenter ist als je zuvor: Schauen Sie in den Mediekamenten-Schrank, auf viele Broschüren oder Visitenkarten, Aufzüge, an die Sitze vieler Fernzüge und so weiter.
Es stimmt, dass es in vielen Fällen zu wenig Literatur in Braille gibt. das liegt aber daran, dass die Nachfrage nach solcher Literatur generell rückläufig ist. Es macht keinen Sinn, dass die Braillebibliotheken große Mengen an Büchern vorhalten, die so gut wie gar nicht ausgeliehen werden. Hier macht eventuell ein Print-on-Demand-Service Sinn, also die Produktion eines Buches erst, wenn es nachgefragt wird.
Die Sprachausgabe ist praktischer
Richtig ist aber auch, dass die Sprachausgabe in zahlreichen Fällen praktischer ist. Wenn man nicht von Kindesbeinen an Braille liest, ist es sehr schwer, ein angenehmes Lesetempo zu erreichen. Ich würde grob geschätzt 6 mal so lange brauchen, um meine Arbeit zu erledigen, wenn ich nur mit Braille arbeiten würde. Ja, durch die Übung würde ich irgendwann schneller werden, aber das Tempo der Sprachausgabe würde ich nie erreichen. Und hätte so keine Chance, effizient und konkurrenzfähig zu einem Sehenden zu arbeiten.
Die meisten Personen erblinden heute im Erwachsenen-Alter. Sie lernen wenn überhaupt erst spät Braille. Für sie sind Smartphones und die Lautsprecher nicht der beste, sondern oft der einzige Zugang zu Internet und Technologien.
Kein Verdrängen, sondern ein Nebeneinander
Die Schrift verdrängte das Gedächtnis, das Radio das Schreiben, das Fernsehen das Denken und dank dem Internet gibts kein Fernsehen mehr. Sie haben sich also nur eingebildet, gestern das Dschungel-Camp gesehen zu haben,
Insgesamt hat Braille weder an Bedeutung gewonnen noch verloren. Wie schon häufiger dargestellt geht es eher darum, dass die Gesamt-Zahl blind geborener Kinder und damit der nativen Braille-Leser zurückgeht. Wenn man von den blinden Viel-Lesern, den blinden Akademikern und ein paar anderen Hoch-Qualifizierten absieht, kommen die meisten Blinden tatsächlich ohne Braille oder mit sehr rudimentären Kenntnissen aus. Es sind vor allem die Berufstätigen, die es können sollten.
Richtig ist aber auch, dass das aktive Lesen von Braille im Berufs-Alltag wichtiger wird. Ich glaube, dass korrekte Orthografie und Braille-Lektüre stark miteinander zusammenhängen. Wenn man sich den Unsinn ansieht, den manche Blinde unkorrigiert mit der Spracherkennung eindiktieren zweifelt man daran, dass diese Personen eine Job-Perspektive haben werden.
Ansonsten ist aber klar, dass wir einen Mix unterschiedlicher Zugänge und Technologien brauchen. Für meinen Geschmack sind die smarten Lautsprecher immer noch zu dummm, sie können nach wie vor keine beliebigen Webseiten oder Bücher vorlesen. Wenn man in seinem Alltag Wege gefunden hat, ohne Braille auszukommen, freut mich das für diese Personen.
Die ungelösten Probleme von Braille
Ich bin weit davon weg, ein Experte für Braille zu sein. Mir scheint aber, dass wir die Probleme von Braille nach wie vor ungelöst vor uns herschieben. Der Katzenjammer bringt allerdings relativ wenig, ansonsten würden wir uns bemühen, sie zu lösen. Ich wiederhole sie noch mal, falls Sie einschlafen sollten, holen Sie sich doch eine Koffein-Tablette aus dem Medikamentenschrank, dann können Sie schon mal Braille-Lesen üben. Falls kein Braille auf der Medikamenten-Schachtel drauf steht, schreiben Sie eine böse Mail an den Hersteller.
1. Braille-Druck ist in der gesamten Produktions-Kette zu teuer, sowohl als natives Braille-Buch als auch bei Hybriden aus Braille- und Schwarz-Schrift.
2. Digitale Braillezeilen sind nach wie vor zu teuer. Braille-Schreibmaschinen sind nicht nur teuer, sondern schwer.
3. Braille ist vor allem für ältere Menschen schwer zu erlernen. Das hat natürlich was mit den Problemen des Lernens im Alter zu tun, aber auch mit der hohen Sensibilität, die zum Unterscheiden und Erfassen der Punkte notwendig ist.
Last not least gibt es schlicht zu wenige wohnort-nahe und finanzierbare Angebote für Spät-Lerner. Fast alles findet im Rahmen von Schulen, anderen Blinden-Einrichtungen und dann fast nur als Teil einer blindentechnischen Grundausbildung statt. Für Menschen, die nicht zur Schule gehen oder keine berufliche Reha erhalten ist es kaum möglich, Braille zu lernen. Zumindest in diesem Bereich könnten die Blindenverbände meines Erachtens mehr machen.
Wie der Föderalismus Behinderte behindert
Der deutsche Föderalismus ist historisch gewachsen und mag in vielen Fällen sogar seine Berechtigung haben. Doch gerade für behinderte Menschen erweist er sich häufig genug als Ärgernis.
Irgendwie schwerbehindert
Die Regeln, nach denen man schwerbehindert ist sind bundesweit gleich. Sie sind in der Versorgungs-Medizin-Verordnung, von Pastorentöchtern liebevoll VersMedV abgekürzt festgelegt. Soweit so schön. Sie beantragen also im Land NRW Ihren Schwerbehindertenausweis, können von Münster nach Köln oder umgekehrt umziehen und den Ausweis behalten. Aber ziehen Sie ein paar Kilometer weiter, sagen wir nach Osnabrück oder Koblenz, müssen Sie den Ausweis neu beantragen. Das klingt läppisch, in Wirklichkeit ist es aber so, als ob Sie den Ausweis vollständig neu beantragen würden. Ich fasse das mal zusammen: Land A erkennt Sie als schwerbehindert an, Land B muss Sie noch mal als schwerbehindert anerkennen, obwohl bundesweit die gleichen Regeln gelten. Bei gesetzlich Blinden ist das Ganze sogar noch relativ einfach, wobei es dennoch Monate dauern kann. Zum Beispiel für Menschen, die nach Berlin ziehen, wie ich mir habe sagen lassen. Bei nicht eindeutigen Fällen, also wenn der Schweregrad der Behinderung nicht ohne Weiteres festgelegt wird, kann sich das Verfahren Jahre hinziehen, wobei man in vielen Fällen Widerspruch einlegen muss, was den Prozess um Monate und manchmal Jahre verlängern kann.
Das Ganze ist ein überflüssiger bürokratischer Akt, der nebenbei gesagt nicht nur auf Seiten der behinderten Menschen, sondern auch bei den Behörden viele Ressourcen bindet, die sinnvoller investiert werden könnten.
Nicht eindeutig sind die Regeln, was die Gültigkeit des Behindertenausweises angeht. Als ich in den Nuller Jahren nach Hessen zog, war mein NRW-Ausweis unbefristet. Falls der Messias nicht zurückkehrt, ist bei meiner Behinderung absehbar keine Besserung zu erwarten. Im Land Hessen glaubt man jedoch anscheined an dessen baldige Rückkehr, weshalb der Ausweis auf fünf Jahre befristet wird. Aber natürlich erst, nach dem ich einen deutschen Paß hatte, vorher wurde er auf ein Jahr befristet, weil meine Aufenthaltserlaubnis keine fünf Jahre gültig war, nebenbei bemerkt war ich damals portugiesischer Staatsbürger, also Bürger der Europäischen Gemeinschaft, wie sie damals noch hieß und hatte 20 Jahre in Deutschland gelebt.
Der Wahnsinn ist damit aber noch lange nicht beendet. Wenn Sie nämlich Integrationshilfen wie Arbeitsassistenz, persönliche Assistenz oder Ähnliches vom Land erhalten, dürfen Sie das am neuen Wohnort auch neu beantragen. Muss ich dazu sagen, dass auch diese Anträge Monate oder Jahre dauern können und das kaum ein Arbeitgeber bereit ist, das mitzumachen? Das Prozedere bei der persönlichen Assistenz ist langwierig, selten bekommt man im ersten Anlauf die Stunden bewilligt, die man tatsächlich benötigt. Hoffen wir einmal, dass es mit dem Bundesteilhabegesetz einfacher wird.
Die sozialen Unterschiede
Und die Geschichte ist leider noch immer nicht zu Ende: Denn die Hilfen in den Bundesländern sind sehr unterschiedlich. Meines Wissens ist die Blindenhilfe die einzige finanzielle Hilfe, die bundesweit gewährt wird. Die Blindenhilfe ist einkommensabhängig: Nur wer Sozialhilfe, ALG II oder gar nichts erhält hat Anspruch auf die Blindenhilfe in voller Höhe. In Nordrhein-Westfalen wird die Blindenhilfe in voller Höhe als einkommens-unabhängiges Blindengeld ausgezahlt. Manche Länder zahlen die Hälfte als einkommens-unabhängiges Blindengeld, wer Einkommen hat, muss sich also mit der Hälfte dessen begnügen, was er in NRW erhalten würde.
Schlimmer sieht es jedoch bei anderen Hilfen aus: Das ohnehin nicht besonders üppige Sehbehindertengeld wird nur in wenigen Ländern gezahlt.
Gleiches gilt für das Taubblindengeld. Eigentlich hätten die Hilfen für Taubblinde mit der Einführung des Merkzeichens TBl verbessert werden müssen. Finanzielle Hilfen gibt es jedoch nur in wenigen Bundesländern.
Auch das – nebenbei lächerlich geringe – Gehörlosengeld gibt es nur in einigen Bundesländern. Eventuell kann man dort Sachleistungen beantragen, die aber natürlich immer zweckgebunden und bürokratisch aufwendig zu beantragen sind.
Der Föderalismus schränkt unsere Rechte ein
Nebenbei gesagt sind die zuständigen Stellen auch sehr unterschiedlich. Ich habe mit dem Landschaftsverband Rheinland und dem Landeswohlfahrtsverband Hessen relativ gute Erfahrungen gemacht, was aber nicht unbedingt repräsentativ ist. Dem Vernehmen nach scheinen andere Verwaltungen wie das LAGESO in Berlin deutlich schwieriger zu sein. Man muss sich also noch mit unterschiedlichen bürokratischen Kulturen herumschlagen.
Das Ärgerlichste ist, dass das alles eigentlich nicht sein muss. Wie oben erwähnt gilt die VersMedV bundesweit. Die Kosten für behinderte Menschen hängen eher von der persönlichen Situation als vom Wohnort ab.
Ich bin kein Jurist, aber meines Erachtens verstößt die aktuelle Situation gleich gegen mehrere Prinzipien des Grundgesetzes. Zum Einen ist die Regierung verpflichtet, gleichwertige Lebensverhältnisse sicherzustellen. Das ist nicht gegeben, weil das ohnehin geringe Sehbehinderten- und Gehörlosengeld oft gar nicht gezahlt wird, ebenso wie das Taubblindengeld. Weiterhin dürfen wir uns zwar niederlassen, wo wir wollen – sofern wir eine bezahlbare barrierefreie Wohnung finden – doch ist diese Möglichkeit durch den bürokratischen Aufwand wie oben geschildert eingeschränkt und kann finanziell nachteilig sein. Würde ich fünf Kilometer weiter südlich ziehen,müsste ich meinen Schwerbehindertenausweis beim Land Rheinland-Pfalz neu beantragen, würde weniger Blindengeld bekommen und natürlich kann es immer sein, dass das Land bestimmte Behinderungen gar nicht anerkennt, wodurch ich Nachteilsausgleiche verlieren würde.
Ein Umzug ist selten anstrengungsfrei, doch wird er durch die Bürokratie unnötig schwer gemacht.
Barfuß-Schuhe – Vorteile für Blinde
Heute gibt es einen gänzlich untechnischen und uniklusiven Beitrag: Es geht um das Thema Barfuß-Schuhe und Blindheit. Für Sehende dürfte dieser Beitrag weniger interessant sein.
Was sind Barfuß-Schuhe
Barfußschuhe sollte man korrekter als Minimal-Schuhe bezeichnen. Sie haben eine sehr dünne Schuh-Sohle und auch der Rest ist sehr minimalistisch gestaltet. Sie sind sehr leicht, leichter als Sandalen oder als viele Hausschuhe.
Blinde Personen können von dem Trend zum Barfuß-Gehen profitieren. Das Gehen mit nackten Füßen ist für Blinde eher schwierig. Sie können weniger gut Pfützen, Scherben, Dreck und anderen Problemen ausweichen. Deswegen ist das Gehen mit Barfuß-Schuhen oder Minimal-Schuhen für uns sinnvoller. Gerade beim Laufen auf Wiesen besteht das Risiko, sich Zecken einzufangen oder mit anderen teils gefährlichen Insekten in Kontakt zu kommen, deshalb bin ich kein Freund des reinen Barfuß-Gehens.
Vorneweg sei vor all zu hohen Erwartungen gewanrt: Barfuß-Gehen gilt als das neue Allheilmittel. Weil Barfuß-Gehen zu unserer Natur gehört, soll es auch gut sein. Das ist in aller Regel Unsinn. Im Gegenteil: Ein zu schneller oder unsachgemäßer Umstieg kann schwere Schäden verursachen und dann ist die Kur schlimmer als das Problem, welches damit gelöst werden sollte, aber vielleicht gar nicht existiert oder andere Ursachen hat. Bei einer Vorschädigung des Haltungs-Apparats sollte unbedingt ein Arzt konsultiert werden, bevor man die Schuhe zuhause lässt.
Das Barfuß-Gehen die natürlichste Fortbewegungsart ist, mag stimmen. Doch auch wenn der Mensch zu hoher Bequemlichkeit neigt, haben viele Erfindungen ihren tieferen Sinn. Unsere Vorfahren sind überwiegend auf weichen Gründen gelaufen, wir laufen fast immer auf harten Böden, so dass wir beim Barfuß-Laufen abfedern müssen. Die tausendfachen Stöße beim Gehen auf harten Böden können insbesondere den Füßen, den Gelenken, Knien und dem Rücken schaden.
Die Vorteile für Blinde
Blinde rutschen häufig von Bürgersteigkanten ab, wobei der Fuß umknicken kann. Verstauchungen und Verletzungen sind bei Blinden relativ häufig. In konventionellen Schuhen bleibt der Fuß unbeweglich, die Sohle ist steif und häufig hat sie kein gutes Profil, wodurch der Fuß weniger in der Lage ist, ungerade Ebenen auszugleichen. Tritt man zuerst mit der Verse auf, erhöht sich das risiko, dass man Höhenunterschiede schlechter erkennt und ausgleichen kann.
Ist der Fuß nackt bzw. steckt in einem Schuh mit flexibler Sohle, tritt man anders auf. Höhenunterschiede können früher erkannt und frühzeitig ausgeglichen werden. Der Fuß kann außerdem durch seitliche Drehungen mit leichten Höhenunterschieden besser umgehen, weil er beweglicher ist.
Durch die dünnere Sohle von Minimalschuhen haben wir ein stärkeres Gespür für die Boden-Beschaffenheit. Gerade in der freien Natur empfinden es viele Menschen als angenehm, durch Gras, Sand oder Kies zu laufen. Da Blinden die visuelle Dimension fehlt, kommt für sie durch das Nutzen von Minimalschuhen eine neue Wahrnehmungs-Dimension dazu. Dieses neue Feeling kann sehr angenehm sein.
Anderes Gehen
Zu beachten ist, dass das Gehen in Barfuß-Schuhen sowie barfuß anders ist als das Gehen in konventionellen Schuen. Im Allgemeinen ist die Schrittlänge kürzer, das Auftreten weicher und der Gang langsamer. Das liegt daran, dass die Füße die Aufgabe der Dämpfung übernehmen müssen.
Wichtig ist, weich aufzutreten und abzurollen. Treten wir auf wie bei normal gepolsterten Schuhen, würden wir die Fußgelenke, die Knie, die Wirbelsäule und den Rest des Körpers bei jedem Schritt einem starken Stoß aussetzen. Auf Dauer würde das enormen Schaden anrichten. Deswegen sollte auch jeder mit einer Vorschädigung im Haltungsbereich zumindest einen Facharzt befragen, bevor er umsteigt. Die populäre Behauptung, man solle auf dem Vorfuß statt auf der Ferse auftreten, scheint falsch zu sein.
Bessere Orientierung und reichere Sinnes-Wahrnehmung
Barfuß-Schuhe können zu einer besseren Orientierung beitragen. Zwar sind die Böden in der Stadt im Wesentlichen gleich und weisen wenige spezifische Merkmale auf. Doch sind sie durchaus vorhanden: Es gibt Böden mit Rillen, mit unterschiedlichen Formen von Pflastersteinen, es gibt Gullis minimale Unebenheiten und noch einiges mehr. Das kann einem gerade bei Wegen, die man häufig läuft bei der Nah-Orientierung helfen. Man kann diese Eigenheiten mit Barfuß-Schuhen deutlich leichter erspüren als mit unflexiblen Schuhen.
Ein schöner Nebeneffekt ist, dass die Sinnes-Wahrnehmung bereichert wird. Jeder Blinde setzt seine Hände konsequent ein. Doch die Füße können ähnlich interessante Sinnes-Eindrücke vermitteln, das Potential ist groß, wird aber durch Schuhe und Socken verkümmert.
Nachteile für Blinde
Die Vor- und Nachteile von Barfuß-Schuhen im Allgemeinen sind viel diskutiert worden. Deshalb möchte ich hier nur auf die Nachteile für Blinde eingehen.
Die Schuhe sind vergleichsweise niedrig. Dadurch wirkt es sich stärker aus, wenn man etwa durch Pfüttzen läuft. Das Wasser schwappt bei tieferen Pfützen über den Rand des Schuhes, außerdem können die Hosenbeine schneller verschmutzt werden. Als ich eines Morgens über eine Wiese lief, hatte ich relativ viel Dreck an den Hosenbeinen eingesammelt, ohne es zu merken.
Da die Polsterung fehlt, können Sachen, die einem auf den Fuß fallen oder gegen die man tritt wesentlich mehr Schmerzen verursachen bzw. das Verletzungsrisiko erhöht sich. Man sollte in jedem Fall Schuhe verwenden, bei denen der Zehenbereich zusätzlich geschützt ist.
Fazit
Barfußschuhe gibt es in allen möglichen Varianten und Sohlen-Stärken. Am besten lässt sich im Fachgeschäft beurteilen, welches Modell zum eigenen Laufstil passt. Man sollte zunächst ein einziges Paar der avisierten Marke kaufen. Denn erst draußen stellt sich heraus, ob es sich in den neuen Schuhen gut läuft.
Am Ende muss jeder selbst entscheiden, was für ihn am beste funktioniert. Am Anfang sollte man es auf jeden Fall nicht übertreiben. Es dauert einige Monate, bis sich Muskeln, Sehnen und Faszien angepasst haben. Das heißt, am Anfang sollte man eher kurze Strecken damit gehen.
Ich habe mit günstigen Surfschuhen angefangen, um erst mal auszuprobieren, wie gut es funktioniert. Erst später bin ich auf bessere Schuhe umgestiegen.
Warum wir konstruktiver mit Behinderung umgehen müssen
Heute muss ich euch ein Geständnis machen – ich lese relativ wenige Beiträge zum Thema Behinderung – sei es Media classic oder Social Media. Das hat viele Gründe, unter anderem kommt da nichts mehr wahnsinnig Neues, wenn man schon fast zehn Jahre dabei ist. Ein anderer Grund ist aber, dass mich die Berichte auf Dauer frustrieren. Ich plädiere deshalb für einen konstruktiveren Umgang mit dem Thema Behinderung in den klassischen und sozialen Medien. Konstruktiv ist hier im Sinne von Constructive journalism gemeint, heißt, dass man den Fokus nicht nur auf negative Entwicklungen legt, sondern auch über positive Entwicklungen berichtet.
Behinderung ist nicht so schlimm oder?
Es gibt einen Grund-Widerspruch in der Behinderten-Bewegung, den sie bislang nicht auflösen konnte: Einerseits möchte sie zeigen, dass Behinderte durchaus nicht unglücklich sind, ein gutes Leben führen können, selbständig sein können und so weiter. Von den Medien wird gefordert, dass sie Behinderte nicht nur als Opfer darstellen sollen.
In der Praxis sind aber 90 Prozent der Beiträge, die von behinderten Menschen kommen und über ihre Situation handeln negativ gefärbt. Ich verzichte hier auf Beispiele, ihr mögt euch selbst einen Überblick verschaffen. Insofern ist es nicht erstaunlich, dass in den klassischen Medien Behinderte häufig als Helden oder Opfer dargestellt werden, die Journalisten haben im Web recherchiert, wie es von ihnen erwartet wird und das ist das Ergebnis ihrer Recherche.
Nun liegt es in der Natur der Sache, dass Positives keinen Nachrichtenwert hat: Heute 100 Prozent der Flugzeuge sicher gelandet wird man wahrscheinlich nie in der Zeitung lesen. Und natürlich handelt es sich in jedem Fall um authentische, persönliche Erfahrungen, über die dieses Individuum das erste Mal berichtet.
In summa zeichnen diese Berichte aber kein positives Bild darüber, wie es ist, eine Behinderung zu haben. Und wenn man mehrere dieser Berichte von unterschiedlichen Individuen gelesen hat, verdichtet sich dieses negative Bild zur Gewissheit. Es gibt einen Effekt der Selbstverstärkung: Je mehr negative Erfahrungen man liest, desto stärker verdichtet sich das negative Bild und zwar sowohl bei Nicht-Betroffenen als auch bei Betroffenen selbst, obwohl Letztere es ja besser wissen sollten.
Kennt ihr das: Wenn doch mal jemand etwas Positives berichtet, wird früher oder später jemand kommen, der sagt, das sei die Ausnahme oder er wirft eine negative Erfahrung ein, was dann eine Kaskade an weiteren negativen Erfahrungen nach sich zieht. Anscheinend neigen wir eher dazu, negative Erfahrungen als den Regelfall zu betrachten und positive als Ausnahme.
Wenn umgekehrt jemand über negative Erfahrungen berichtet, wird man wahrscheinlich nur einzelne positive Stimmen finden. Die Meisten werden zustimmen, kurioserweise auch Nicht-Behinderte, die über gar keine eigene Erfahrung verfügen.
Auch das wirkt sich auf diejenigen aus, die gerade erst behindert geworden sind. Da sie selbst keine Erfahrungen machen konnten, haben sie keine andere Wahl, als diese Äußerungen für bare Münze zu nehmen. Was aber macht es auf Dauer mit den Leuten, wenn sie auf Dauer nur negativen Aussagen hören?
Frisch Behinderte vom Internet fernhalten?
Gelegentlich erreichen mich Anfragen von Personen, die frisch erblindet sind oder ihren Angehörigen, in der Regel Hilfeanfragen von Leuten, die auf meine Website gestoßen sind. Ich leite sie zum Blindenverein weiter, da ich nicht geeignet oder legitimiert bin, anderen Personen in dieser Situation zu helfen. Doch häufig berichten sie mir, dass sie sich schon auf Website X oder im Forum Y umgesehen haben und ob die Gesellschaft tatsächlich so blindenfeindlich sei.
Ich muss die Leute dann erst mal beruhigen: Ja, es gibt viele Probleme und es gibt viele Personen, die nicht hilfsbereit sind. Doch im Großen und Ganzen funktioniert es und die meisten Leute sind hilfsbereit oder guten Willens, aber unsicher.
Faktisch könnte ich den Betroffenen aber mit wenigen Ausnahmen keine Website oder Blog empfehlen, wo sie sich einen anderen Eindruck verschaffen könnten – inklusive meinem, da ich mehr über Barrierefreiheit als über Blindheit schreibe.
Nebenbei fällt mir auf, wie humorfrei die deutsche Behinderten-Szene ist. Mit ein paar Ausnahmen – die machen das in der Regel beruflich – könnte ich wiederum keine Website empfehlen, die humorvoll mit dem Thema Behinderung umgeht. Ich tue das ein wenig auf Twitter, bin da aber meiner Wahrnehmung nach die Ausnahme.
Interessant wäre in dem Zusammenhang, welchen Effekt das auf junge Engagement-Willige mit Behinderung hat. Wenn sie sich auf InstGramm oder Twitter die Kanäle jetziger Aktivisten anschauen, wird sie das motivieren, sich im Bereich Behinderung zu engagieren? Oder werden sie sich anderen Themen wie etwa dem Klimaschutz zuwenden. Ich sehe durchaus die Gefahr, dass der Behindertenbewegung der Nachwuchs ausgeht.
Was tun?
Hier also meine Lösungsvorschläge:
1. Es braucht neben den legitimen negativen Berichten auch positive Erfahrungen. Ich behaupte mal, fast alle Berichterstatter könnten über mehr positive als negative Erfahrungen berichten. So ließe sich auch ein negativer Bericht mit einem positiven Fazit schließen. Es verzerrt die Realität, wenn einem 999 Mal geholfen wird, man aber über das eine Mal berichtet, wo das nicht geschehen ist.
2. Ein wenig Humor schadet nicht. Ab und zu mal eine Anekdote oder ein Witz helfen gerade neu Betroffenen. Damit ist übrigens kein Sarkasmus gemeint, den versteht nämlich keiner und lustig ist er auch nicht.
3. Wenn man keinen positiven Effekt erzielen kann, sollte man sich überlegen, ob man nicht auf den Bericht verzichtet. Positiv heißt in dem Zusammenhang, dass man eine positive Änderung anstößt, jemanden zum Nachdenken bewegt oder einen Menschen positiv erreicht, der bisher nicht informiert war. Nicht positiv ist, die Leute zu erreichen, die ohnehin schon bekehrt waren, möglichst viele Likes und Retweets oder viele zustimmende Kommentare zu bekommen. Hier mal ein schönes Zitat von Sokrates, das wohl jede Generation nach ihm unterschreiben würde:
Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.
Heißt, wann immer man sich negativ über die Gesellschaft äußert, wird man zustimmende Kommentare bekommen. Die „Früher-war-alles-besser“-Fraktion neigt wie wir alle dazu, die Vergangenheit zu verklären. Wir alten Hasen wissen das natürlich und können mit einem nachsichtigen Lächeln oder Kopfschütteln über solche Bemerkungen hinweg sehen. Doch sowohl die frisch Betroffenen, ihre Angehörigen, aber auch die vielen Unbeteiligten können das nicht ohne weiteres und gerade für sie sollten wir mehr Verantwortung übernehmen.
4. Sprecht mehr persönlich miteinander: Das befremdlichste Phänomen auf Facebook sind Berichte von Behinderten, die über negative Erfahrungen mit ihren Mitmenschen berichten. Fragt man nach, kommt heraus, dass sie mit den Personen, die den Ärger verursacht haben gar nicht gesprochen haben. Natürlich ist das eine Form des Coping, also des Umgangs mit angestautem Frust. Andererseits hat dieses Coping für die Leser des Beitrages eher den gegenteiligen Effekt, ihr Frust steigt, weil die Welt so ungerecht zu Behinderten ist.
Abschließend passend zu diesem Beitrag ein weiteres Zitat von Sokrates:
Plötzlich kam ein Mann aufgeregt auf ihn zu. „Sokrates, ich muss dir etwas über deinen Freund erzählen, der…“
„Warte einmal, „unterbrach ihn Sokrates. „Bevor du weitererzählst – hast du die Geschichte, die du mir erzählen möchtest, durch die drei Siebe gesiebt?“
„Die drei Siebe? Welche drei Siebe?“ fragte der Mann überrascht.
„Lass es uns ausprobieren,“ schlug Sokrates vor.
„Das erste Sieb ist das Sieb der Wahrheit. Bist du dir sicher, dass das, was du mir erzählen möchtest, wahr ist?“
„Nein, ich habe gehört, wie es jemand erzählt hat.“
„Aha. Aber dann ist es doch sicher durch das zweite Sieb gegangen, das Sieb des Guten? Ist es etwas Gutes, das du über meinen Freund erzählen möchtest?“
Zögernd antwortete der Mann: „Nein, das nicht. Im Gegenteil….“
„Hm,“ sagte Sokrates, „jetzt bleibt uns nur noch das dritte Sieb. Ist es notwendig, dass du mir erzählst, was dich so aufregt?“
„Nein, nicht wirklich notwendig,“ antwortete der Mann.
„Nun,“ sagte Sokrates lächelnd, „wenn die Geschichte, die du mir erzählen willst, nicht wahr ist, nicht gut ist und nicht notwendig ist, dann vergiss sie besser und belaste mich nicht damit!“
Wir brauchen eine Stiftung Warentest für Hilfsmittel
Das Internet hat den Zugang zu Informationen über Hilfsmittel erleichtert. Leider hat die Zahl und die Unterschiedlichkeit der Hilfsmittel zugenommen. Und das auch, wenn man die diversen Apps, die ähnliche Zwecke wie Hilfsmittel erfüllen können nicht dazu nimmt. Betrachten wir ein paar Beispiele. Dedizierte Hilfsmittel sind Geräte, die als Hilfsmittel ausgewisen sind, häufig von der Krankenkasse übernommen werden und in der Regel einen ganz bestimmten Zweck erfüllen. Davon zu unterscheiden sind Alltagsgeräte, die wie Hilfsmittel verwendet werden, auch wenn sie ursprünglich nicht dazu gedacht sind: Smartphones, Tablet-PCs, sprachgesteuerte Assistenzsysteme und so weiter. Ich nenne hier nur Hilfsmittel, von denen ich zumindest ein wenig verstehe, Rollstühle und Ähnliches muss ich deshalb ausklammern.
Blinden-Hilfsmittel
Aktuell gibt es einen kleinen Boom an Hindernis-Erkennungssystemen für Blinde: Schuhe, Gürtel, Gerätschaften für den Blindenstock und so weiter. Es ist praktisch unmöglich, neutrale Informationen jenseits des Marketing-Blablas der Hersteller zu bekommen, die natürlich so gut wie nichts taugen. Mobilitätstrainer, die Blinden Orientierungstechniken beibringen, kennen häufig einzelne Gerätschaften und können viel aus eigener Erfahrung berichten, kennen aber selten alle verfügbaren Gerätschaften, ihre Stärken und Schwächen im Detail und im Vergleich zueinander.
Weiteres Beispiel sind Braillezeilen: Bei meinem letzten Besuch auf der Fachmesse SightCity hatte ich eine kleine Braillezeile der Firma Humanware in der Hand: Ein echter Plastikbomber, er wirkte sogar für meine geringen Ansprüche schlecht verarbeitet. Diese kleinen Braillezeilen werden häufig in Rucksäcken oder Jackentaschen verstaut und müssen dann, selbst wenn sie in einer Schutztasche sind oft mehr aushalten als große Braillezeilen, die so gut wie nie bewegt werden. Wahrscheinlich war hier das geringere Gewicht von Kunststoff ausschlaggebend, aber sicher bin ich mir nicht.
Und dann die OrCam, ein Hilfsmittel, das maßlos gehypt wurde. Sie kann tatsächlich nichts, was ein handelsübliches Smartphone mit ein paar Apps nicht auch kann: Erkennung von Farben, Texten, Gesichtern… Ihr einziger vorteil ist, dass sie an einem Brillenbügel befestigt werden kann. Hier hätte mich ernsthaft interessiert, ob sie im Vergleich mit sagen wir der App SeeingAI fürs iPhone tatsächlich besser abschneidet. Meine Vermutung ist nein. Der Grund ist ganz einfach, schon ein älteres iPhone dürfte bessere Technologie verbaut haben und SeeingAI ist das Prestige-Projekt des Milliarden-Konzerns Microsoft. Wie viel AI darin steckt, wissen wir natürlich nicht, aber es ist sicherlich mehr als die OrCam jemals haben wird. Aber wie gesagt, ein objektiver Vergleich würde das beweisen.
Spannend wäre die Frage, was Apps zur Farberkennung tatsächlich taugen, vor allem im Vergleich zu ausgewachsenen Farberkennungsgeräten, die fast so viel kosten wie ein Smartphone, aber weniger paktisch sind. So was ließe sich problemlos objektiv testen, nur macht es keiner.
Hörgeräte
Das gleiche Trauerspiel finden wir verschärft bei Hörgeräten. Hier gibt es das Zusatzproblem, dass es ein Wirrwarr an Marken und Akkustikern gibt: Die Akkustikerkette X verkauft nur Hörgeräte der Marke Y, manchmal einfach nur gebrandet, manchmal aber auch nicht. Heißt im schlimmsten Fall, nimmt man diese Kette, hat man eventuell nur Hörgeräte zur Wahl, die alle nicht optimal für das eigene Hörproblem sind.
Hinzu kommt, dass die Krankenkasse nur den Minimalbetrag bezahlt, die Akkustiker aber gerne mal – häufig unnötige – Extras berechnen: Mini-Hörgeräte, Zusatz-Geräte für spezielle Einsatzzwecke, sogar für den Pipifax Bluetooth-Konnektivität zum Smartphone wird extra zur Kasse gebeten.
Hinzu kommt, dass durch die Apps häufig weitere Einstellmöglichkeiten für die Hörgeräte möglich sind. Es ist also keineswegs irrelevant, für welches Gerät man sich entscheidet, schon die Wahl des Akkustikers kann über die künftige Hörqualität entscheiden.
Und jetzt versuchen Sie einmal, objektive Informationen zu den einzelnen Geräten, ihre eventuellen Leistungen, Funktionen und Zusatzkosten zu bekommen. Das ist auf jeden Fall eine langwierige und unddankbare Aufgabe.
Warum persönliche Erfahrungstests nichts taugen
Wir sind uns glaube ich einig, dass die Verkäufer generell schlechte Berater sind. Das Kapitalismus-Prinzip versagt nirgendwo so stark wie beim Hilfsmittelmarkt. Aber wo sollen die Infos sonst herkommen?
Nun gibt es in der Blindenszene einige Leute, die Hilfsmittel testen. Allerdings sind solche Ergebnisse immer sehr subjektiv oder verfälscht. Legendär unter blinden Technikfans sind die Tests von INCOBS wegen ihrer miserablen Qualität. Da sollte jemand, der offensichtlich keine Ahnung von Android und Talkback hatte mit einem veralteten Gerät und einer veralteten Version sämtlicher Programme testen, wie barrierefrei Android für Blinde war.
Und natürlich ist keine Privatperson finanziell und zeitmäßig in der Lage, alle Gerätschaften einer Kategorie ausführlich zu testen, zu bewerten und die Ergebnisse zu veröffentlichen, zumindest wenn sie einem normalen Job nachgeht. Hier könnte ich mir am ehesten eine Art Crowdsourcing vorstellen, bei dem also viele Einzelpersonen ihre Hilfsmittel nach bestimmten festgelegten Kriterien bewerten. Das aber birgt die Gefahr der Manipulation.
Nein, am besten wäre eine Institution, die nicht am Verkauf eines bestimmten Hilfsmittels verdient. Sie müsste ein möglichst objektives Bewertungsverfahren am besten mit selbst betroffenen Versuchspersonen entwickeln und durchführen. Sie müsste die Hilfsmittel möglichst längere Zeit in der Praxis testen. Im Grunde sollten die Krankenkassen ein Interesse an so einer Institution haben, denn sie bezahlen so ziemlich alle Hilfsmittel, nur ein kleiner Teil wird von anderen Trägern wie den Integrationsämtern übernommen.
Leider ist eine solche Institution nicht in Sicht. Am liebsten wäre mir ja die c’t oder I fix it, denn gerade Braillezeilen für Blinde sind häufig so konstruiert, dass sie nicht einfach repariert werden können. Die Firmen wollen mehrfach abkassieren: für den Verkauf, für die Wartung, für den Tausch der Akkus und warhscheinlich noch für die Entsorgung, wenn das gute Stück nach 3,5 Jahren seinen Geist aufgibt. An der c’t finde ich gut, dass sie zwar Produkte vergleicht, aber keine in der Regel sinnfreie Rangliste bastelt. Die macht im Zusammenhang mit Hilfsmitteln noch weniger Sinn als anderswo, weil Hilfsmittel oft spezielle Einsatzzwecke erfüllen müssen.
Jeder nur ein Kreuz – behindert zur Wahl des EU-Parlaments
In wenigen Wochen stehen die Wahlen zum EU-Parlament an. Heute möchte ich meine behinderten Mitleser nicht nur dazu ermutigen, mitzuwählen und das Parlament nicht den Menschenhassern und Faschisten zu überlassen. Wenn ihr die Möglichkeit habt, solltet ihr ins Wahllokal gehen und nicht an der Briefwahl teilnehmen. Ich werde es auch machen.
Dafür gibt es zwei Gründe: Der profane ist, dass ich vergessen habe, die Wahlunterlagen rechtzeitig anzufordern.
Der weniger dämliche ist, dass ich es für wichtig halte, Gesicht zu zeigen. Oder vielmehr, Blindenstock, Rollstuhl und Rollator zu zeigen. Um das zu erklären muss ich ein wenig ausholen.
Zeigt her eure Hilfsmittel
Barrierefreiheit wird noch heute primär als Behindertengerechtigkeit verstanden und auch verkauft. Statt die Vorteile für alle Nutzer aufzuzeigen erweckt man nach wie vor den Eindruck, man würde uns einen Gefallen tun, wenn man eine Rampe über die Stufe legt. Das wirkt sich auch auf die Wahl aus: die Wahl kann nicht zum Event der junge Familie werden, weil die Eltern mit dem Kinderwagen nicht reinkommen.
Eine Ursache der mangelnden Barrierefreiheit dürfte darin bestehen, dass Behinderte in der Gesellschaft nach wie vor kaum sichtbar sind. Die Verantwortlichen und auch die Unverantwortlichen haben keine konkrete Person vor Augen, wenn sie an Barrierefreiheit denken sollen. Wir lachen gerne darüber, wenn ein Webmaster behauptet, seine barriereunfreie Website würde nicht von Behinderten besucht. Aber für viele Kleinunternehmer wie Frisöre, Kneipenwirte oder Shopbetreiber ist das Realität: sie haben nie einen Kunden mit sichtbarer Behinderung zu Gesicht bekommen, auch wenn ihr Geschäft generell zugänglich ist.
Nach wie vor ist es wahrscheinlich, dass die Wahlleiter und auch die Crews in den Wahllokalen den ganzenTag keinen Menschen zu Gesicht bekommen, egal, wie barrierefrei ihr Lokal ist. Die Frage darf ja nicht laut gestellt werden, schwingt aber unterschwellig immer mit: Warum sollen wir uns die Mühe machen, wenn die eh alle Briefwahl machen oder gleich gar nicht wählen?
Ich kann natürlich verstehen, dass ein Rollstuhlfahrer nicht das Abenteuer auf sich nehmen will, vor Ort die böse Überraschung zu erleben, dass er an der Schwelle des Wahllokals nicht weiterkommt. Auch Blinde oder Sehbehinderte wollen lieber in Ruhe zuhause ihr Kreuzchen machen, statt sich unter unnötigen Zeitdruck zu setzen. Dann bleibt aber die Frage: Warum das Wahllokal barrierefrei machen? Wir können diese Frage noch ausweiten: Wofür brauchen wir barrierefreie Märkte, wenn wir eh alles im Internet kaufen? Warum soll das Kino barrierefrei sein, wenn man sich eh alles übers Internet reinzieht? Ihr versteht, worauf ich hinauswill. Es geht nicht um das ökonomische Argument, dass sich jede Investition in x Jahren amortisieren muss. Es geht darum, dass Bewusstsein für Behinderung zu wecken und überhaupt die Notwendigkeit für Barrierefreiheit bewusst zu machen. Ob es nun eine oder zehn Millionen Behinderte sind, Zahlen in dieser Größenordnung sind immer unbegreiflich. Manchmal reicht es aber aus, einen einzigen Behinderten persönlich zu kennen, um zu verstehen, was Barrierefreiheit bedeutet.
Ein großer Erfolg der Behindertenbewegung ist, dass rund 80000 Menschen, die unter vollständiger Betreuung stehen, an der EU-Wahl und den folgenden Wahlen teilnehmen können. Behinderung wirkt also.
Auch würde ich es gerne sehen, wenn es behinderte Wahlhelfer gäbe. Bei Blinden könnte es schwieriger werden, das kann ich schlecht einschätzen. Aber Personen im Rollstuhl, Gehörlose oder mit Down-Syndrom sollten im Wesentlichen problemlos unterstützen können, vorausgesetzt, das Wahllokal ist barrierefrei.
Deshalb werde ich am 26. Mai 2019 meinen Stimmzettel in meinem Wahllokal ausfüllen und ich hoffe, ihr macht das auch.
Was die Wissenschaft aus Behinderungen lernen kann
In diesem leicht überarbeiteten Beitrag aus meinem Buch „Was ist Blindheit“ möchte ich zeigen, welchen Beitrag Behinderung bei der medizinischen und kognitiven Forschung leistet.
Da ich mich nur mit Blindheit ausreichend auskenne, werde ich nicht auf andere Erkrankungen eingehen. Allerdings dürften auch für Gehörlosigkeit, Bewegungs-Unfähigkeit oder psychische Erkrankungen ähnliche Annahmen gelten. Wer es im Detail von Fachleuten wissen will, dem seien die Bücher von Oliver Sacks und V.S. Ramachandran empfohlen.
Blindheit als Studienobjekt
Blindheit wird schon seit langem wissenschaftlich untersucht. Es geht vielfach darum, die Ursachen von Augenerkrankungen herauszufinden und eine Erblindung zu verhindern. Es soll aber auch untersucht werden, wie sich Gehirn und Verhalten ändern, wenn ein Mensch nicht sehen kann. Orientierungsweisen von Blinden sind zum Beispiel für das Militär interessant. Soldaten im Einsatz müssen sich gelegentlich durch unbekanntes Gelände bewegen. Die Sichtweiten können dabei sehr gering sein. Ein Vorbild für die Brailleschrift war die von einem Militär entwickelte Nachtschrift.
Sehen ist der für den Menschen wichtigste Sinn. Ein Großteil der Gehirnkapazität ist darauf ausgelegt, visuelle Eindrücke zu verarbeiten. Das Sehen ist nicht nur für die Orientierung oder für alltägliche Aufgaben wichtig. Es spielt auch eine große Rolle in der sozialen Interaktion und Kommunikation. An den Unterschieden zwischen Geburts-Blinden und Sehenden lässt sich hervorragend studieren, welcher Teil der Körpersprache erlernt oder angeboren ist.
Neuronale und soziale Aspekte werden vor allem von Kognitionspsychologen erforscht, deren Ergebnisse wollen wir uns hier näher anschauen.
Gehirn und Sinne
Das Gehirn ist außerordentlich anpassungsfähig. Viele Blinde erbringen große Leistungen, wenn es um die Interpretation von Hör-, Geruchs- und Tastsignalen geht.
Es fällt Geburts-Blinden Kindern wesentlich leichter, sich auf die blinde Welt einzustellen. Je älter ein Mensch bei seiner Erblindung ist, umso schwerer wird es ihm fallen, sich an die Blindheit anzupassen. Das hängt damit zusammen, dass Kinder sich generell schneller anpassen können, für sie ist das Leben an sich ein stetiger Lernprozess. Geburts-blinde Kinder müssen sich gar nicht umstellen, aber auch ältere Kinder können sich schnell anpassen.
Neben der kognitiven Flexibilität, also der Anpassung von Gehirn- und Sinnesleistungen gibt es weitere Herausforderungen für ältere Menschen. Der richtige Umgang mit dem Blindenstock erfordert ein gewisses Maß an Feinmotorik, für die Blindenschrift braucht man ein Mindestmaß an Feinfühligkeit in den Fingern. Älteren Menschen fällt es wesentlich schwerer, diese Techniken zu erlernen, weil sie die physiologischen Voraussetzungen oft gar nicht mehr mitbringen.
Es kommt aber noch ein individueller Faktor dazu: Je aktiver ein Mensch ist, desto anpassungsfähiger ist er auch. Leider neigen viele ältere Blinde dazu, vor allem zuhause zu bleiben oder nur in Begleitung Ausflüge zu machen. Muskeln, die nicht trainiert werden bauen ab. Gleiches gilt für Sinnesreize, die nicht ausreichend stimuliert werden.
Es gibt keinen speziellen Platz im Gehirn, in dem Sinnesinformationen verarbeitet werden. Stattdessen zerlegt das Gehirn die eingehenden Signale, um sie in unterschiedlichen Arealen weiterzuverarbeiten. Nehmen wir an, ein roter Ball rollt auf uns zu: Dann werden die Informationen rot, rund und Rollen von unterschiedlichen Teilen des Gehirns verarbeitet. Vor allem beim Sehen ist das auch nicht weiter erstaunlich. Wir verwenden unser Sehvermögen, um uns zu orientieren, Fußball zu spielen oder zu lesen. Diese zahlreichen Aufgaben können nur bewältigt werden, wenn unterschiedliche Teile des Gehirns ins Spiel kommen. Deshalb ist es auch nicht weiter erstaunlich, dass das Gehirn Blinder nicht wesentlich anders funktioniert als das Sehender. Unterschiede gibt es natürlich: Der Schwerpunkt Sehender liegt eben auf der Verarbeitung visueller Informationen, während Blinde diese Ressourcen zur Verarbeitung der Informationen anderer Sinne verwenden, vor allem Haptik und Akustik.
Anscheinend wird das visuelle Zentrum nicht nur genutzt, um Sehreize zu verarbeiten. Es kommt auch bei der Erzeugung visueller Vorstellungen und in Träumen zum Einsatz, also in Fällen, in denen man eigentlich nichts aktiv sieht. Dieser Gedanke liegt zumindest nahe, wenn man sich die verschiedenen Erfahrungen Blinder anschaut. John Hull berichtet, dass er einige Zeit nach seiner Erblindung alle visuellen Vorstellungen einbüßte. Er vergaß sogar, dass Gegenstände so etwas wie eine visuelle Erscheinungsform haben mussten. Andere berichten hingegen von gutem Vorstellungsvermögen. Der blinde Psychologe Zoltán Törey konnte vor seinem inneren Auge eine visuelle Repräsentation erzeugen, die es ihm zum Beispiel ermöglichte, sein Dach neu zu decken. Viele blinde Frauen haben eine sehr genaue Vorstellung davon, welche Frisur, welche Kleidung oder welches Make-up ihnen steht. Liegt es daran, dass sie gut beraten werden oder gibt es da doch doch mehr?
Eine weitere spannende Frage ist, ob Blinde sich den Aufbau komplexer Objekte ähnlich gut einprägen können wie Sehende. Wir wissen, dass Sehende ein hervorragendes Gedächtnis für Gesichter haben. Das geht so weit, dass man Menschen wieder erkennt, die man nur kurz gesehen hat und die man vielleicht nach Jahren wieder trifft, wobei sich Statur, Frisur oder Kleidung geändert haben können.
Blinde dürften eine Art taktiles Gedächtnis haben, dass es ihnen erlaubt, sich komplexe Formen besser zu merken als Sehende. So konnte der blinde Biologe Geerat Vermeij neue Molluskenarten anhand winziger Abweichungen identifizieren. Blinde setzen stark auf taktile Orientierungspunkte, um sich besser zurechtzufinden. Dazu gehören auch geringe Unterschiede im Asphalt, Veränderungen der Bodenbeschaffenheit oder Kanten mit unterschiedlichen Höhen. Blinde können sich auch ausgezeichnet die Position von Gegenständen zum Beispiel auf dem Frühstückstisch merken. So können sie zielsicher nach der Kaffeetasse greifen oder sie auf die Untertasse zurückstellen.
Das erscheint zunächst nicht besonders bemerkenswert, allerdings werden viele dieser Unterschiede nur indirekt wahrgenommen, zum Beispiel durch die Schuhe oder über den Blindenstock.
Eine weniger erfreuliche Erkenntnis der Neuro-Psychologen ist, dass die multisensorische Wahrnehmung besser funktioniert als die Wahrnehmung über einen einzelnen Sinn. Das heißt zum Beispiel, dass wir einen Menschen besser verstehen, wenn wir seine Worte hören und seine Lippenbewegungen sehen. Tatsächlich können geübte Lippenleser bis zu 30 Prozent von den Lippen ablesen. Bei Sehenden ohne diese Fähigkeit ist es natürlich deutlich weniger, dennoch trägt das Lippenlesen passiv zum Verstehen bei. Die Bemerkung «Sprich bitte lauter, es ist dunkel» ist also gar nicht so abstrus. Das Lippenlesen trägt dazu bei, dass man Menschen auch in lauten Umgebungen wie in Diskotheken verstehen kann. Abgesehen davon, dass man an solchen Orten wohl keine tiefschürfenden Diskussionen führen wird.
Es zeigt aber auch, wie komplex die Verarbeitung von Sinnesinformationen ist. Das Gehirn führt nicht nur die Sinnesreize zusammen, sondern reichert sie mit Erinnerungen und Emotionen an. Das Spannende an diesen Erkenntnissen ist, dass das Gehirn eben nicht wie ein Computer funktioniert. Wir können uns das Gehirn als ein Netzwerk verschiedener Einheiten vorstellen. Einheiten, die häufiger verwendet werden verbinden sich stärker, während wenig genutzte Verbindungen schwächer werden.
Allen Spät-Erblindeten fällt es mehr oder weniger schwer, sich an die neue Situation anzupassen. Die Botschaft für sie – und alle anderen, die vor ähnlichen Problemen stehen – Üben, Üben, Üben. Das Schlimmste, was sie tun können ist, zu versuchen, der Herausforderung aus dem Weg zu gehen.
Geburts- und Spät-Erblindete
Auch der Unterschied zwischen Geburts- und Spät-Erblindeten beschäftigt die Forschung. Die meisten Forscher suchen gezielt nach Geburts-Blinden, weil bei ihnen die Unterschiede zu Sehenden am stärksten hervortreten bzw. am einfachsten festzustellen sind. Das Gehirn Geburts-Blinder hat nie gelernt, visuelle Reize zu verarbeiten. Das macht es mithilfe bildgebender Verfahren einfacher, zu untersuchen, welche Teile des Gehirns für das Sehen tatsächlich wichtig sind. Man sollte eigentlich annehmen, dass es sagen wir nach ein paar Jahren, gar keinen Unterschied bei der kognitiven Informationsverarbeitung zwischen Geburts- und Spät-Erblindeten mehr gibt. Das ist aber nicht der Fall.
Viele Fragen sind noch nicht eindeutig geklärt. Wie gut ist das Gehirn Spät-Erblindeter zum Beispiel in der Lage, den visuellen Cortex für andere Aufgaben zu verwenden? Können Spät-Erblindete ähnlich gute räumliche Vorstellungen entwickeln wie Geburts-Blinde? Wenn wir bedenken, dass Erblindungen vor allem im reifen Alter auftreten, werden solche Fragen immer wichtiger.
Das Gehirn Geburts-Blinder verarbeitet taktile Informationen anders als das Spät-Erblindeter. Geburts-Blinde können den visuellen Cortex, der die Seh-Informationen verarbeitet für die taktile Wahrnehmung nutzen. Bei Spät-Erblindeten wird zwar der Bereich vergrößert, der für die Verarbeitung taktiler Reize zuständig ist, allerdings verarbeiten sie diese Reize anders als Geburts-Blinde. Wissenschaftler können heute die Sehrinde teilweise abschalten. Bei einem solchen Versuch waren Geburts-Blinde nicht mehr in der Lage, Braille zu lesen, während Spät-Erblindete weniger Probleme hatten.
Die spannende Frage ist, ob Spät-Erblindete bei genügend Übung ebenso fit beim Orientieren oder Braille-Lesen werden können wie Geburts-Blinde. Die nächste Frage wäre, welche Faktoren dafür entscheidend sind, dass Spät-Erblindete solche Leistungen erreichen: Hängt es nur von Training und Erfahrung ab oder gibt es weitere Faktoren, die bei der Erlangung und Verbesserung dieser Fähigkeiten hilfreich sein können?
Mit den Ohren Sehen
Es gibt Menschen, die Gerüche oder Musik als Farben erleben oder umgekehrt. Diese Wahrnehmung nennt man Synästhesie. Auch Blinde Menschen können Synästhetiker sein. Forscher überlegen seit längerem, wie sinnliche Erfahrungen durch einen anderen Sinn ersetzt werden können, man nennt das Sinnes-Substitution.
Die Hebrew University of Jerusalem erforscht zum Beispiel, wie sich visuelle Eindrücke in Töne übersetzen lassen. Das Ziel ist es, über verschiedene Klänge und Klangkonstellationen quasi visuelle Eindrücke zu vermitteln.
Ein Beispiel: Blinde nehmen nur den Teil des Raumes wahr, den sie mit ihrem Körper oder dem Blindenstock erreichen können. Über Geräusche, Luftzug oder Echo können sie vielleicht noch sagen, wie groß ein Raum ist oder wo das nächste Hindernis ist. Aber sie haben kein dreidimensionales Abbild der Umgebung, wie es ein Sehender problemlos erzeugen kann. Das soll sich mit Sinnesersatzgeräten ändern. Da sie einen Sinn, in diesem Fall das Hören verwenden, um einen anderen Sinn – das Sehen – zu ersetzen, nennt man solche Geräte Sinnes-Ersatz-Geräte, Englisch Sensual substitute Device. Statt einem Blinden zu erklären, wie eine Landschaft aussieht oder was Farben sind werden ihm akustische Analogien in Form von Klängen oder Klanglandschaften offeriert.
Untersuchungen der Hebbrew University zeigen, dass Blinde mit ein wenig Training schnell lernen, ein mentales Abbild der Umgebung oder von Objekten zu entwickeln. Die Forscher haben zum Beispiel eine Klangfolge generiert, die die blinde Versuchsperson als Gesicht identifizieren konnte. Es scheint tatsächlich so zu sein, dass der Teil des Gehirns für diese Aufgabe eingesetzt wird, der eigentlich für die Verarbeitung visueller Eindrücke zuständig ist.
Man mag fragen, ob eine verbale Beschreibung in diesem Fall nicht sinnvoller wäre. Das ist sie nicht. Stell dir vor, du würdest einen Film mit einer Audiobeschreibung für Blinde schauen. Schalte das Bild weg und höre dir nur die Audiodeskription an. Du wirst schnell feststellen, dass zwar wesentliche Aspekte des Films beschrieben werden, die Audiodeskription aber viele visuelle Eindrücke gar nicht vermittelt. Auch wenn die Audiodeskription zeitlich beliebig ausbaubar wäre, könnte sie dennoch keinen adäquaten Ersatz für die visuelle Darstellung bieten. Ebenso wäre es bei textlichen Beschreibungen. Dies liegt einfach daran, dass eine sinnliche Erfahrung am besten durch eine andere sinnliche Erfahrung ersetzt werden kann.