Archiv der Kategorie: Suchmaschinenoptimierung SEO

Ranking bei Amazon – welches Produkt wird verkauft?

Es gibt jede Menge Statistiken darüber, welche Suchmaschinen am stärksten eingesetzt werden. Ob Google, Bing oder Yahoo, wir kennen die Marktanteile dieser Suchmaschinenanbieter. Hinzu kommen soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter, die seltsamerweise nicht in diesen Rankings berücksichtigt werden, obwohl – wenn man sie als Suchmaschinen betrachtet – sie wahrscheinlich eine größere Rolle spielen als Bing oder Yahoo.
Seltsamerweise unbeachtet bleibt eine zweite Form nicht klassischer Suchmaschinen: die eCommerce-Riesen Amazon und eBay. Wenn man sich eine Vorstellung davon machen möchte, wie der aktuelle Durchschnittspreis eines Produktes ist, schaut man dort nach. Wenn man eine Bewertung von Büchern oder Musik haben möchte, wird man bei Amazon schneller fündig als bei Google. Leider verraten die beiden Shopping-Seiten nicht, wie viele Suchen über ihre Seiten abgewickelt werden, aber wenn man sie zu den Suchmaschinen rechnen würde, hätten sie einen guten Marktanteil. Ein wenig beachteter Aspekt ist das Ranking von Produkten bei Amazon. Nehmen wir an, ich suche nicht ein bestimmtes Buch, sondern gebe nur ein Stichwort wie „Web 2.0“ ein. Dann wirft Amazon eine ganze Reihe von Büchern aus. Gehen wir weiterhin davon aus, dass es bei Amazon ähnlich ist wie bei Google, die erste Suchergebnisseite erhält die gesamte Aufmerksamkeit, kaum jemand blättert auf Seite 2. Und je höher das Produkt steht, desto eher wird es gekauft oder zumindest zur Kenntnis genommen.
Es stellt sich also die Frage, wie Amazon seine Produkte rankt. Zunächst dürfte der wichtigste Faktor das Vorkommen des Suchbegriffs im Buchtitel sein. Das klingt zwar logisch, aber Amazon zeigt häufig genug auch Bücher an, in deren Titel das Suchwort nicht vorkommt.
Weitere Faktoren könnten sein:

  • das Erscheinungsdatum
  • der Preis
  • die Lieferbarkeit
  • die Höhe der Bewertung
  • die Zahl der Bewertungen
  • die Verkaufszahlen
  • die Durchklickrate

Die wenigsten Leute machen sich bewusst, dass Amazon sehr genau beobachten kann, was sie auf der Webseite treiben, welche Produkte wie lange angeguckt werden und so weiter. Es gibt keinen Beleg dafür, dass diese Faktoren in das Ranking einfliessen, aber möglich ist es.
Da Amazon maßgeblich für den Absatz der Produkte sorgen kann, wäre eine Optimierung des Produktnamens auf seine Suche nicht abwägig. Insbesondere bei Büchern, wo sich der Großteil der Preise zwischen 20 – 40 Euro bewegt, der Preis also nicht ausschlaggeben für den Kauf ist, ist es nicht nur wichtig, auf Seite 1 der Suche zu stehen, sondern möglichst weit oben.
Der Trend geht ja hin zu immer schreienderen Buchtiteln und Covern. Dass die Bücher häufig nicht halten können, was ihre Titel versprechen, ist leider jedem Käufer allzu bekannt. Ich neige heute eher dazu, mir eine Buchanschaffung sehr genau zu überlegen, weil ich bei einigen intuitiv gekauften Büchern doch sehr unzufrieden war.
Ich möchte hier keine Bewertung für das eCommerce-Optimieren abgeben, im Gegenteil, ich sehe das ziemlich kritisch. Wenn ich etwas suche, möchte ich das passende finden und nicht irgendwelchen SEO-optimierten Quatsch. Das Problem ist, dass möglicherweise interessantere und bessere Produkte hinten runterfallen, weil sie ein paar Euro teurer sind, die knalligen Keywords nicht im Titel vorkommen oder sie nicht oft genug rezensiert wurden. Wir haben zudem das Problem der selbsterfüllenden Prophezeiung, wenn wenig gekaufte Produkte nach hinten fallen. Ein Produkt, das häufiger gekauft wird, rutscht nach vorn und wird deshalb häufiger gekauft. Ein Produkt, das seltener gekauft wird, rutscht nach hinten und wird deshalb seltener gekauft. Dabei ist die Zahl der Verkäufe kein brauchbares Qualitätskriteerium. Amazon hilft mir dabei, Produkte zu kaufen, indem es mir Produkte empfiehlt, die andere Leute gekauft haben, die diesen Artikel gekauft haben, den ich mir gerade angucke. Amazon hilft mir nicht dabei, das Produkt zu finden, welches ich benötige, darum muss ich mich selber kümmern.
Ich will daher jedem Käufer raten, sich auch mal die hinteren Suchseiten anzugucken und vor allem kritisch auf die Produkte der Seite 1 zu gucken. Es schadet auch nicht, die Suchbegriffe zu variieren.

  • erbraucher führen Produktsuche zu 60% über eBay, Amazon und Co. durch
  • Understanding Sales Rankings for Books
  • Joachim Leser: Die Amazonisierung des Sortiments
  • WER WEIß WAS ÜBER DIE NUTZER: Die wirkliche Datenkrake heißt Amazon

Serendipity darf nicht sterben – Filterbubble auch ohne Datensammlung

Manchmal ist es doch überraschend, wie schlecht die Suchmaschinen nach wie vor funktionieren. Wie oft ist es dir passiert, dass du drei oder vier Suchbegriffe eingegeben hast und selbst der Branchenprimus Google nur Schrott ausgeworfen hat? In letzter Zeit sicher öfter – weil Google jetzt meint, besser zu wissen, was du suchst als du selbst. Die Folge ist, dass Google beliebig viele Begriffe bei Suchphrasen weglässt und entsprechend wertlose Suchergebnisse anzeigt. Zwei Beispiele: Ich suche nach dem More-More-Effekt und Google zeigt mir Noiré-Effekt, ich suche nach ODF und Google bietet mir Ergebnisse zu PDF.
Im Grunde haben sich die Suchmaschinen seit mehr als zehn Jahren nicht weiterentwickelt. Der letzte große Sprung wurde von Google mit dem Messen des Verlinkungsgrades gemacht, damit ist die Firma groß geworden. Alles, was danach kam war die Optimierung oder Spambekämmpfung durch den Algorythmus. Faktisch ist seit zehn Jahren nichts mehr von Belang im Suchmaschinenbereich passiert. Fairerweise muss ich aber dazu sagen, dass ich die zahlreichen kleinen Suchmaschinen und ihre Technik nicht kenne. Das liegt teilweise auch daran, dass Cuil oder Blekko im deutschsprachigen Bereich bisher nicht mitspielen können.
Die große Schwäche von Google und Co ist nach wie vor die Gleiche. Google schaut, ob bestimmte Worte in einem Text vorkommen, wwie diese Worte zueinander positioniert sind und ob überhaupt genügend signifikanter Text vorhanden ist. Angeblich können in bestimmtem Maße auch unterschiedliche Wortfolgen oder Synonyme verarbeitet werden, was aber meiner Erfahrung nach nicht wirklich funktioniert. Die Auswertung der Geoposition und dazu passende Suche ist ein nettes Gimmick, was aber niemanden vom Hocker haut.
Dazu kommt noch, dass mittlerweile jede Organisation, die etwas Geld in der Tasche hat versucht, ihre Texte zu seo-isiseren. Für wen das jetzt Neuland ist: Redakteure werden dazu angehalten, suchmaschinengerecht zu schreiben, das heißt, die richtigen Wörter in der richtigen Dichte einzusetzen. Das mag man für legitim halten, letzten Endes werden damit aber solche Texte auf die vorderen Plätze geschoben, ohne dass sich ihr Inhalt oder die Relevanz verbessert haben. Hat jemand schon mal ernsthaft nach einer Preissuchmaschine gesucht? Sicher nicht so häufig, dass sie auf der ersten Suchseite sein sollten.

Manche sprechen bereits von der Filterbubble. Algoritmen in den sozialen Netzwerken oder den Suchmaschinen präsentieren dem Nutzer bevorzugt das, was sie meinen, es interessiere ihn besonders. Dabei analysieren sie die Daten, die sie über Einen gesammelt haben: Was steht in seinem Profil, mit wem interagiert er am meisten, welche Links oder Inhalte fand er besonders toll und so weiter. Auch Amazon macht das.
Wir haben uns so sehr daran gewöhnt, dass Suchmaschinen buchstäblich nur die Wörter suchen, die wir eingegeben haben, dass uns das gar nicht mehr blöd vorkommt. Auffällig ist, wie stark Google den Long Tail verdrängt hat. Zum einen zieht es große Webseiten vor und zwar auch dort, wo Fachportale bessere und interessantere Inhalte bieten. Zum anderen lässt es aktuell mit dem letzten großen Update des Algorithmus gerne mal einen Suchbegriff weg oder interpretiert relativ frei, was der Sucher gesucht haben könnte. Das wäre ein guter Grund, Meta-Suchmaschinen einzusetzen. Leider scheint es auch hier keine Algoritmen zu geben, die nützliche Ergebnisse liefern.
Kann es eigentlich sein, dass wir schon so lange Google als Suchmaschine nutzen, dass wir alle anderen Suchmaschinen als schlechter empfinden? Klingt absurd, ist aber durchaus möglich. Sagen wir, ich nutze Google seit ungefähr zehn Jahren. Auch wenn wir Google für intuitiv halten, jede Maschine hat ihre Ecken und Kanten. Nur gewöhnen wir uns irgendwann daran und empfinden die Macken und Schwächen nicht mehr als solche. Es ist so wie mit den Autoabgasen, wir könnten wissen, dass sie da sind, auch wenn wir sie nicht mehr riechen. Oder wer andauernd MP3s hört, weiß nicht mehr, wie Musik in guter Qualität klingen muss.
Wenn wir jetzt anfangen, eine andere Suchmaschine zu nutzen, müssten wir uns umgewöhnen, und das tut eben keiner gern.

Google als Selbstverstärker

Einen interessanten Effekt, der auf Google basiert hat bisher keiner beschrieben: Google verstärkt oder verfestigt durch seine Suchergebnisse die Suchergebnisse. Klingt schwachsinnig, ist aber einfach zu erklären.
Nehmen wir an, ich schreibe einen Artikel über die Schwäche von Suchmaschinen. Zwischendurch oder nach dem Schreiben suche ich mit bestimmten Begriffen, die auch in meinem Artikel vorkommen nach interessanten Seiten, die ich verlinken kann. Ich schaue dabei mit Vorliebe auf die ersten Seiten von Google. Setze ich nun den Link, verbessere ich die Position des verlinkten Artikels zumindest minimal. Ich verfestige also die Position des verlinkten Artikels, allerdings ohne zu wissen, ob es nicht bessere Artikel gab, die eher zu meinem Artikel gepasst hätten. Ich bestätige also Google in seiner Meinung, dass es sich um den Beitrag, der durch seinen Algorithmus ausgewählt wurde um einen guten Beitrag handelt.
Die Filterbubble ist also schon da, auch ohne dass wir uns irgendwo einloggen und Profile über uns angelegt werden. Je stärker bestimmte Inhalte verlinkt werden, desto stärker werden andere Inhalte in den Long Tail verdrängt. Das ist der More-More-Effekt.
Weitere Tools verstärken die Filterbubble. Statt uns selber auf die Suche nach Inhalten zu begeben, verwenden wir Dienste wie paper.li, die uns die interessantesten Nachrichten zusammenstellen. Sie aggregieren und gewichten diese Nachrichten nach Likes und Re-Tweets und voila – wir haben den Google-Filter-Selbstverstärkungseffekt.
Der goldene Käfig von Facebook ist natürlich noch extremer. Bei Facebook kann man wenig machen, wenn man nicht eingeloggt ist. Für den energischen Facebooker existiert also nichts, was außerhalb der Gated Community von Facebook liegt bzw. nicht über Links reingekommen ist.
Der Serendipity-Effekt bleibt dabei zunehmend auf der Strecke. Das ist bedauerlich, weil In den hinteren Suchergebnissen so viel Potential steckt, das ungenutzt weil unbemerkt bleibt. Gerade dieser Effekt macht das Netz zu einem Quell kreativer Ideen. Liest man das, was alle anderen schon gelesen haben, hat man wahrscheinlich auch die gleichen Ideen, zumindest sinkt die Chance auf kreative neue Assoziationen.
Deswegen ist es auch so spannend, gut verlinkende Blogs zu lesen. Meiner Ansicht nach besteht eine der großen Stärken des Web darin, dass es weniger hierarchisch wie ein Buch sondern assoziativ wie ein Netz aufgebaut ist. Ich springe von Gedanken X zu Sache Y und schließe bei Z, wobei eine Verbindung geschaffen wird, die mir vorher nicht klar war. Auf jeden Fall kann ich sagen, dass es in einigen Blogs wesentlich interessantere Links gibt als man sie bei Google gefunden hätte.
Deswegen und um dem Filterbubble-Effekt zu entgehen empfehle ich jedem, der es nicht hören will, so viele interessante Blogs wie möglich in den RSS-Feed zu holen und nicht darauf zu vertrauen, dass Google, Twitter, Facebook oder ein anderer Dienst die passende Auswahl trifft.
Es ist kurios: die gleichen Leute, die sich darüber beschwert haben, welch starke Selektion die Massenmedien ausüben lassen nun andere Leute und Algoritmen darüber entscheiden, welche Informationen für sie wichtig sind.

  • Eli Pariser. Filterbubble. Carl-Hanser-Verlag 2012
  • Webseite zum Buch

Poor Content – die Schwäche des Online-Journalismus

Viele Leute wissen nicht, dass die großen Online-Angebote von Zeitungen und Magazinen von eigenständigen Redaktionen betreut werden. Wozu sollte diese Info auch gut sein? Es ist allerdings so, generell pflegt jedes große Medium seine eigene Online-Redaktion, die zumindest organisatorisch von der Print-Redaktion unabhängig ist. Das heißt natürlich nicht, dass Artikel nicht mehrfach verwertet werden oder das ein Offliner nicht für Online schreibt oder umgekehrt.

Zehn Jahre und keinen Schritt weiter

Man kennt das: da ist ein interessanter Artikel und man hätte gerne die Zahlen und Fakten auf einen Blick, weil sie im Artikel zu kurz gekommen sind. Gut, dass unsere service-orientierten Medienseiten genau das anbieten.
Besonders gut gefällt mir, dass in Online-Artikeln die Quelle nicht nur passiv genannt, sondern aktiv verlinkt wird. Die kryptischen und eher nichts sagenden Abkürzungen dpa und ddp müssen echten Quellennachweisen und Verweisen auf Pressemitteilungen, anderen Webpublikationen und sogar user-generierten Inhalten wie Weblogs, Podcasts und YouTube-Videos weichen. So weiß der Leser nicht nur, woher der clevere Journalist seine Infos hat, sondern kann sich selber ein Bild machen.

Aber mal im Ernst, das alles ist nicht nur Zukunftsmusik, es wird in renommierten Publikationen bis auf weiteres nicht auftauchen. Die Mutlosigkeit der Printer, wie ich sie nennen möchte, ist mit Händen greifbar. Im Grunde haben sie das Print-Modell ohne großartige Modifikationen auf Online übertragen. Das Höchste der Gefühle sind „verwandte Artikel“ und Schlagworte, die vermutlich automatisch erstellt wurden. Denkt man sich diese beiden Erfindungen weg – die im übrigen auch schon fünf Jahre alt sind – könnte man ohne Weiteres glauben, im Jahr 2000 zu sein. Die Einbindung verwackelter YouTube-Videos oder das Betreiben von Journalisten-Weblogs kann nicht darüber hinweg täuschen, dass die Medien-Branche eine Innovationsschlafmütze ist.

Jeder echte Onliner bekommt Zahnschmerzen, wenn er einmal mehr nach der Quelle einer Information suchen muss, anstatt sie – wie es im übrigen jeder vernünftige Blogger tut – ordentlich im Artikel verlinkt zu finden. Jede Online-Publikation scheint davon zu träumen, sie könne den Leser auf ewig in ihrer Site gefangen halten, weil er nicht weiß, wie man mit der Adressleiste umgeht.

Was tun?

Nun bin ich kein Mensch, der nur meckern möchte. Hier also ein paar Vorschläge, wie die Online-Publikationen zu echten Service-Dienstleistern für den Leser werden können, sich aus der Papier-Steinzeit befreien und vielleicht endlich auch vernünftig Geld einnehmen können:

  • Quellen: Der heutige Leser möchte wissen, woher eine Information kommt. Er erwartet einen Link auf die Quelle, sei es nun ein Weblog, eine Pressemitteilung, ein Tweet oder etwas anderes.
  • Factbox: Jeder Journalist weiß, wie schwierig es ist, Zahlen in großen Mengen in Artikeln unterzubringen. Diese Zahlen können in einer Factbox untergebracht werden, wo sie übersichtlicher sind: Wie viele Studierende gibt es, wie viele werden in den nächsten Jahren erwartet, wer will was studieren? Ein weicher Bericht über Einzelschicksale ist schön und gut, aber wir wollen den Gesamtkontext erfahren und der drückt sich in harten Zahlen aus. Die zahlen lassen sich auch mit Diagrammen oder Schaubildern veranschaulichen.
  • Hintergründe: Die Redakteure verweisen mit Vorliebe auf eigene Artikel, aktuelle Artikel oder Artikel, wo ein Stichwort des gelesenen Artikels prominent vorkommt. Dass im aktuellen Artikel und den drei Artikeln unfein gesagt vier Mal das selbe steht, stört ihn weniger. Ich stelle mir stattdessen eine Art Storyline vor: Dabei werden die Beiträge, die zum aktuellen Artikel im Bezug stehen, auf einer Art Zeitachse angeordnet, Hintergrund-Berichte und vertiefende Informationen werden hervorgehoben und die Artikel werden in einen Gesamtbezug zueinander gestellt. So findet der Leser, was er sucht: Hintergründe, Details, verwandte Themenfelder… Im übrigen könnten diese Verweise – oh Schock – auch auf externe Quellen verweisen! Sei es nun ein gelungener Wikipedia-Artikel, eine Publikation des eigenen Hauses, aber auf einer anderen Website oder eben tatsächlich eine private Website, die aber qualitativ gute Informationen liefert.

Das sind nur einige Vorschläge, die weiter gedacht, ausprobiert oder verworfen werden müssen. Es ist sicher nicht meine Aufgabe, die Verlagshäuser vor ihrer Denkfaulheit zu retten. Im Augenblick sind die einzelnen Publikationen austauschbar und bis zur Unkenntlichkeit identisch. Was aber für die Generation Print gereicht hat, wird für die gerade anwachsende Generation Online noch lange nicht genug sein. Deshalb muss Online weiterentwickelt werden. Und dazu müssen sowohl die technischen als auch die inhaltichen Möglichkeiten wesentlich besser genutzt werden, als das heute in Deutschland passiert.

Die latent semantische Optimierung und der Effekt der Selbstverstärkung

Mittlerweile dürfte sich jede große oder mittelgroße Firma mit dem Thema Suchmaschinenoptimierung beschäftigen. Da man die Basics – oder das, was man dafür hält – früher oder später sämtlich erfüllt hat, müssen sich die Suchmaschinen neue Faktoren ausdenken, mit denen sie die Qualität der Suchergebnisse bewerten können. Aus einer höheren Perspektive betrachtet führt SEO zu einer Angleichung der Websites, weil jeder Betreiber die gleichen Zaubertricks einsetzt.

Ähnlich sieht es inhaltlich bei der LSO, der latent semantischen Optimierung aus. Ein Hersteller von Katzenfutter sucht sich die passenden Stichwörter aus einem Texttool seiner Wahl und optimiert damit seine Seite zum Thema Katzenfutter.

Die Texttools greifen – davon kann man ausgehen – ihrerseits auf echte Texte aus dem Web zurück, um daraus die Relevanz von Wortkombinationen und Wortnetzen abzuleiten. Da aber immer mehr Websites auf die gleichen Stichwortquellen zurückgreifen, um ihre Auftritte auf bestimmte Begriffsnetze zu optimieren, verliert das ganze System an Relevanz.

Da alle Seiten dann die gleichen Stichwortverbindungen nutzen, um ihre Texte zu optimieren, können die Suchmaschinen nicht mehr über dieses Kriterium beurteilen, welche Texte relevant sind.

Zugleich greifen die Suchmaschinen ihrerseits auf die semantisch optimierten Webseiten zurück, um ihre Begriffsnetze zu aktualisieren.

Die Lösung kann nur lauten, seltenere Worte zu verwenden und ein wenig mehr Kreativität als die Konkurrenz zu entwickeln. Die LSO ist nur ein Faktor unter vielen, letzten Endes schreibt man für Menschen und nicht für statistische Algorithmen.

Scrollen oder nicht scrollen – der Umgang mit langen Texten im Netz

Fast jedes Medium hat es einmal gemacht: mehr oder weniger sinnvolle Klickstrecken aus Bildern sollten den User zur Mausakrobatik animieren. Die Währung hieß damals Klickrate, je öfter man klickte, desto höher war der Wert der angezeigten Werbung. Das scheint zumindest teilweise korrigiert worden zu sein.

Doch bei Texten geht die Salami-Taktik weiter Die Zeit, das Süddeutsche Magazin und viele andere Websites verteilen einzelne Artikel auf mehrere Seiten.

Das galt als guter Stil, als Bildschirme noch Bildschirme waren und 14 Zoll maßen. Damals waren Mäuse mit Rädchen selten und der entnervte User musste den Cursor an den rechten Bildrand fahren, um sich beim Scrollen einen Tennisarm zu holen. Aus dieser Zeit stammt die Designweisheit, dass nichts beachtet wird, was außerhalb des Start-Screen liegt, also dem Bereich, den man ohne vertikales oder horizontales Scrollen sehen kann. Ergo müssen Texte, die über den Bildschirm reichen, in kleine Portionen aufgeteilt werden.

Ich war mal auf eine Seite gestoßen, die aus dieser Salami-Taktik ein Geschäft gemacht hat. Da stand ein etwas längerer Text kostenlos auf 20 Seiten verteilt und die komplette Fassung ließ sich als PDF käuflich erwerben.

Das klingt zwar kurios, aber gerade längere Artikel, die auf diese Weise zerstückelt werden, wird wohl kaum jemand wirklich zu Ende lesen. Vier Seiten dürften so die magische Grenze sein, wo auch der geduldigste Leser die Lust verliert. Zumal, wenn sein Surfgerät nicht so bequem ist wie ein PC. Mit einem Notebook-Touchpad oder einem Handy macht das wenig Spaß. Ärgerlich vor allem, wenn auf der letzten Seite nur ein kleiner Absatz steht, für den sich das Klicken gar nicht gelohnt hat.

Und leider bieten nur die wenigsten Seiten die Anzeige verteilter Artikel auf einer Seite an, die Zeit zum Beispiel. Viele Seiten bieten zwar eine Druckfunktion an, die einen ähnlichen Effekt hat – der ganze Artikel wird auf einer Seite angezeigt. Allerdings ist diese Funktion zumeist mit JavaScript verbunden, das den Druckerdialog des Browsers auslöst. Wer hier automatisch auf Return drückt und einen Drucker laufen hat, verschwendet einmal mehr unnötig Tinte und Papier. Die süddeutsche macht das zum Beispiel. Die Designer meinen wohl, die Menschen seien zu doof, den Drucker selber auszulösen.

Ein weiterer Nachteil verteilter Artikel besteht darin, dass man sie schlecht archivieren kann. Oder ist das die Absicht der Webbetreiber?

Ich würde heute ohne Wenn und Aber empfehlen, einen Artikel immer zusammenhängend auf eine Seite zu packen. Via Tracking kann jeder Webbetreiber feststellen, dass der User nicht bereit ist so oft zu klicken, wie der Webbetreiber es gerne hätte. Wir sind heute unheimlich klick- und tippfaul. Wer schon mal einen interessanten und längeren Diskussionsfaden im Heise-Forum konsequent lesen wollte, hat vermutlich spätestens nach dem zehnten neu aufgerufenen Beitrag aufgegeben, zumal die Hälfte der Beiträge sich auf „ROFL“, „LOL“ oder „SCNR“ beschränkt.

Mit den heutigen Smartphones wiederum ist das Scrollen einfacher als das Aufrufen neuer Websites durch das Berühren eines Links. Das Thema mobiles Web zwingt uns außerdem wieder dazu, über knappe Bandbreiten, lange Ladezeiten, Verbindungsabbrüche und weitere Ärgernisse nachzudenken, die uns noch aus der Modem-Zeit verfolgen. Die meisten bekannten Websites sind von der Performance her auf DSL angelegt und laden neben dem eigentlichen Inhalt noch einen Rattenschwanz an externen Inhalten, JavaScript, Werbebildchen und allerlei anderen Merkwürdigkeiten nach. Selbst bei DSL kann es immer noch mehr als zehn Skeunden dauern, bis die Seite komplett geladen ist. Im mobilen Web dauert das entsprechend länger und so lange möchte einfach niemand warten. Es ist also schon aus ökonomischer Sicht sinnvoll, zusammenhängende Artikel auf eine Seite zu packen.