Es gibt jede Menge Statistiken darüber, welche Suchmaschinen am stärksten eingesetzt werden. Ob Google, Bing oder Yahoo, wir kennen die Marktanteile dieser Suchmaschinenanbieter. Hinzu kommen soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter, die seltsamerweise nicht in diesen Rankings berücksichtigt werden, obwohl – wenn man sie als Suchmaschinen betrachtet – sie wahrscheinlich eine größere Rolle spielen als Bing oder Yahoo.
Seltsamerweise unbeachtet bleibt eine zweite Form nicht klassischer Suchmaschinen: die eCommerce-Riesen Amazon und eBay. Wenn man sich eine Vorstellung davon machen möchte, wie der aktuelle Durchschnittspreis eines Produktes ist, schaut man dort nach. Wenn man eine Bewertung von Büchern oder Musik haben möchte, wird man bei Amazon schneller fündig als bei Google. Leider verraten die beiden Shopping-Seiten nicht, wie viele Suchen über ihre Seiten abgewickelt werden, aber wenn man sie zu den Suchmaschinen rechnen würde, hätten sie einen guten Marktanteil. Ein wenig beachteter Aspekt ist das Ranking von Produkten bei Amazon. Nehmen wir an, ich suche nicht ein bestimmtes Buch, sondern gebe nur ein Stichwort wie „Web 2.0“ ein. Dann wirft Amazon eine ganze Reihe von Büchern aus. Gehen wir weiterhin davon aus, dass es bei Amazon ähnlich ist wie bei Google, die erste Suchergebnisseite erhält die gesamte Aufmerksamkeit, kaum jemand blättert auf Seite 2. Und je höher das Produkt steht, desto eher wird es gekauft oder zumindest zur Kenntnis genommen.
Es stellt sich also die Frage, wie Amazon seine Produkte rankt. Zunächst dürfte der wichtigste Faktor das Vorkommen des Suchbegriffs im Buchtitel sein. Das klingt zwar logisch, aber Amazon zeigt häufig genug auch Bücher an, in deren Titel das Suchwort nicht vorkommt.
Weitere Faktoren könnten sein:
- das Erscheinungsdatum
- der Preis
- die Lieferbarkeit
- die Höhe der Bewertung
- die Zahl der Bewertungen
- die Verkaufszahlen
- die Durchklickrate
Die wenigsten Leute machen sich bewusst, dass Amazon sehr genau beobachten kann, was sie auf der Webseite treiben, welche Produkte wie lange angeguckt werden und so weiter. Es gibt keinen Beleg dafür, dass diese Faktoren in das Ranking einfliessen, aber möglich ist es.
Da Amazon maßgeblich für den Absatz der Produkte sorgen kann, wäre eine Optimierung des Produktnamens auf seine Suche nicht abwägig. Insbesondere bei Büchern, wo sich der Großteil der Preise zwischen 20 – 40 Euro bewegt, der Preis also nicht ausschlaggeben für den Kauf ist, ist es nicht nur wichtig, auf Seite 1 der Suche zu stehen, sondern möglichst weit oben.
Der Trend geht ja hin zu immer schreienderen Buchtiteln und Covern. Dass die Bücher häufig nicht halten können, was ihre Titel versprechen, ist leider jedem Käufer allzu bekannt. Ich neige heute eher dazu, mir eine Buchanschaffung sehr genau zu überlegen, weil ich bei einigen intuitiv gekauften Büchern doch sehr unzufrieden war.
Ich möchte hier keine Bewertung für das eCommerce-Optimieren abgeben, im Gegenteil, ich sehe das ziemlich kritisch. Wenn ich etwas suche, möchte ich das passende finden und nicht irgendwelchen SEO-optimierten Quatsch. Das Problem ist, dass möglicherweise interessantere und bessere Produkte hinten runterfallen, weil sie ein paar Euro teurer sind, die knalligen Keywords nicht im Titel vorkommen oder sie nicht oft genug rezensiert wurden. Wir haben zudem das Problem der selbsterfüllenden Prophezeiung, wenn wenig gekaufte Produkte nach hinten fallen. Ein Produkt, das häufiger gekauft wird, rutscht nach vorn und wird deshalb häufiger gekauft. Ein Produkt, das seltener gekauft wird, rutscht nach hinten und wird deshalb seltener gekauft. Dabei ist die Zahl der Verkäufe kein brauchbares Qualitätskriteerium. Amazon hilft mir dabei, Produkte zu kaufen, indem es mir Produkte empfiehlt, die andere Leute gekauft haben, die diesen Artikel gekauft haben, den ich mir gerade angucke. Amazon hilft mir nicht dabei, das Produkt zu finden, welches ich benötige, darum muss ich mich selber kümmern.
Ich will daher jedem Käufer raten, sich auch mal die hinteren Suchseiten anzugucken und vor allem kritisch auf die Produkte der Seite 1 zu gucken. Es schadet auch nicht, die Suchbegriffe zu variieren.
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